Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

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des romanischen Styles. 
Die Kunst 
ungen des Lebens und von sinnreichen allegorischen Vorstellungen bieten 
und bei schlichter, nicht sonderlich begünstigter Auffassung der Gestalt 
doch durch verständige, im Einzelnen würdige und selbst energisch be- 
lebte Motive anziehen.  Häufig, zumal in der späteren Zeit des Jahr- 
hunderts, bestehen die Darstellungen aus einfacher Umrisszeiehnung, mit 
farbigen Gründen oder ohne solche.  Bei diesen pflegen die menschli- 
chen Gestalten in starr conventionellen Formen gebildet zu sein; oft 
aber erscheinen sie, für einen mehr dekorativen Zweck und besonders bei 
der Ausstattung grosser Anfangsbuchstaben, in kühn phantastischer Weise 
in das Ornament verflochten, in einem eignen, fast mährchenhaften Spiele 
abermals den poetischen Zug bekundend. Reichste und sinnigste Bei- 
spiele der Art enthalten drei Passionalia aus dem Kloster Zwiefalten in 
der Bibliothek von Stuttgart. 1  Auch ist anzumerken, dass gleich- 
zeitig schon die nationale Poesie, deren grosse Leistungen mit der Spät- 
zeit des 12. Jahrhunderts anheben, Stoffe künstlerischer Darstellung bietet. 
Die Handschrift des Rolandliedes vom Pfaffen Chunrat in der Bibliothek 
zu Heidelberg2 enthält eine Menge von Umrisszeichnungen, welche 
die Scenen des Gedichtes in allerdings sehr schlichter und strenger, doch 
zugleich derb kräftiger Weise vergegenwärtigen. 
ien. 
Ober-Italien besitzt einige Reste von Wandmalerei, welche dieser 
Epoche zuzuschreiben sind. Am bedeutendsten sind die alten Malereien 
in der Kirche St. Piero in Grado auf der Strasse zwischen Livoruo 
und Pisa, Geschichten der hh. Petrus und Paulus und Andres darstellend, 
in einem auf byzantinischer Grundlage beruhenden, doch schon in etwas 
freierem Style. Geringe Ueberbleibsel an der Fagade des Domes zu 
Reggio, in St. Zenone zu Verona, im Vorhofe von St. Ambrogio zu 
Mailand.  Ein gemaltes Cruciflx im Dome von Sarzana, ebenfalls 
in byzantinisirender Art und mit kleinen iigurenreichen Randbildern, hat 
das inschriftliche Datum 1138 und den Namen des Meisters, Guillelmus. 3 
In Unter-Italien werden die Wandgemälde in den Grotten von Oa- 
stellamare als zum Theil noch byzantinisirend geschildert. Die Grotten 
bei Calvi haben Wandmalereien aus verschiedenen Zeiten, darunter 
einige von beträchtlichem Alter, namentlich ein Christus am Kreuz, mit 
Maria und Johannes. 4 Sehr roh (ob aus dieser Epoche?) soll ein Wand- 
bild des jüngsten Gerichts in S. Maria zu Fossa sein. 
In umfassender Weise und an verschiedenen Orten kommt die M0- 
saikmalerei in Anwendung. So an S. Marco in Venedig, als Fort- 
setzung der zumeist noch dem 11. Jahrhundert angehörigen alten Mo- 
saiken des Inneren und der in ihnen begründeten byzantinischen Schule, 
namentlich die desjenigen Theiles des Umganges, welcher die Kapelle 
Zeno ausmacht und dessen Mosaikbilder, bei sehr feiner Behandlung, 
F. Kugler, K1. Schriften, I, S. 56, ff. 
della pitt. itaL, Atlas, II, p. 288, t.A.  
l 
storia 
 2 Ebendä, S. 1, H.  3 Rosini, 
4 H. Schulz, Denkmäler etc. II, 156.
	        
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