Allgemeines.
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Blüthenpunlzte desselben sind die Epochen der vierten Dynastie in der
früheren und die der zwölften Dynastie in der späteren Zeit dieses Jahr-
tausends. Dann folgen Jahrhunderte der Unterdrückung, indem ein asiati-
sches Noniadenvolk, die Hyksos, das Land überse-hwemmte, während der
Kern der Bevölkerung, wie es scheint, in die südlicheren nubischen Län-
der emporgedrängt ward. Im sechzehnten Jahrhundert vor Ohr. werden
unter langem Freiheitskampfe die Fremden wieder hinausgedrängt, und
es beginnt die Epbche des „neuen" Reiches. Die achtzehnte Dynastie
bezeichnet das neue mächtige Emporringen des ägyptischen Volkes,
die neunzehnte Dynastie, die ihre Waffen bis in die fernsten Lande trug,
die Zeit der höchsten Maehtfülle und der glanzvollsten monumentalen
Bethätigung derselben. Dies ist die Epoche nach der Mitte des zweiten
Jahrtausends v. Ohr. Von da ab tritt ein langsam vorschreitender innerer
Verfall ein, lange andauernd, bis im siebenten Jahrhundert v. Ohr. ein
neuer Aufschwung beginnt, der sich namentlich unter der 26sten Dynastie
wiederum in glänzender Weise bethätigt. Endlich folgt, gegen Ende des
sechsten Jahrhunderts, die Unterwerfung des Landes unter die Perser,
im vierten die Unterwerfung desselben mit dem Reiche der Perser unter
das Alexanders des Grossen, und nach Auflösung des letztern die Grün-
dung einer neuen, griechisch-ägyptischen Dynastie, bis das Land im Jahre
30 v. Ohr. dem Römerreiehe als Provinz einverleibt ward.
Die Kunst der Aegypter ist monumentale Kunst in der eigentliehsten
Bedeutung des Worts. Grossartiger Sinn, strenge Verständigkeit, uner-
müdliche Ausdauer geben dieser Kunst ihre eigenthümlichen Grundzüge;
die unverrückbare Regelung des gesammten Staats- und Volkslebens, die
von den jüngeren Völkern des Alterthums als eine Wundererscheinimg
angestaunt ward, bereitet auch ihr ein unwandelbar festes Gesetz, der
Art, dass, nachdem ihre Typen sich im Lauf der Jahrtausende bestimmt
herausgebildet hatten, diese Typen im Wesentlichen unverändert neue
Jahrtausende hindurch, bis zum Ausatlnnen der gesannnten Welt des
Alterthums, nachgebildet wurden.
Erste
Blüthenepoche
des
alten
Reiches.
Architektonische
Denkmäler.
Die frühste Cultur Aegyptens gehört dem unteren Lande an. Wo
an der Grenze Mittelägyptens das enge Flussthal sieh den Ebenen des
Deltalandes (ursprünglich ohne Zweifel sumpfigen Niederungen) nähert,
lag die alte Herrseherstadt Memphis. In der Gegend dieses Ortes, dem
heutigen Cairo nicht gar fern, haben sich ansehnliche Denkmälerreste aus
der Frühzeit des alten Reiches erhalten. Sie bestehen aus einer Menge
von Grabdenkmälern, die sich auf dem Felsplateau, welches das Nilland
westwärts begrenzt, erheben, riesige Königsgräber in der Form der Py-
ramide und zahlreiche andre Grabanlagen. Sie erstrecken sich über einen
Strich von 41h Meilen hin, vielfach zerstört, in einigen Hauptbeispielen
noch als Werke von gewaltigster Kolossalität aufragend.