Dritte Periode.
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Adalbert, von einem Arabeskenrande umfasst, bildet ein Gussstück. Die
einzelnen Scenen sind ügurenreich, in wenig geistreicher Behandlung, der
jüngern Zeit des 12. Jahrhunderts entsprechend; es unterscheiden sich,
in der Fertigung des Modells, zwei Hände, von denen die eine auf mehr
plastische Fülle hinarbeitet. -
Drei eherne G-rabplatten zweier Erzbischöfe von Magdeburg im
dortigen Dom und eines Bischofes von Halberstadt in der dortigen
Liebfraucnkirche, reihen sich, an künstlerischer Bedeutung zwar ebenfalls
wenig erheblich, als Zeugnisse des technischen Betriebes an. Sodann
das, in einem streng archaistischen Style gehaltene Standbild eines Löwen
(als Sinnbild oberster Gerichtsbarkeit), v. J. 1166, auf dem Domplatze zu
Braunschweig; auch die Lehnen des Kaiserstuhles von Goslar
(jetzt in der Walfensammlung des Prinzen Karl von Preussen zu Berlin),
eine dekorative Arbeit mit starkem durchbrochenem Rankenwerk im Style
des 12. Jahrhunderts.
Unter den Arbeiten deutscher Steinsculptur ündet sich ebenfalls
ein Werk vom Anfange des 12. Jahrhunderts, das, gleich dem ehernen
Taufkesscl von Lüttich, die Ergebnisse der geistvolleren Leistungen des
elften aufnehmend, einen der Höhepunkte künstlerischer Früh-Entwicke-
lung ausmacht. Es ist ein grosses Felsrelief, 16112 Fuss hoch und 12314 Fuss
breit, an den Egstersteinenl bei Horn in Westphalen, einem alten
Grottenheiligthum, dessen inschriftlich angedeutete Weihung vom J. 1115
ungefähr auch die Epoche des Sculpturwerkesbezeichnet. Die Darstel-
lung des Reliefs ist eine Kreuzesabnahme, noch mit den altüberlieferten
Personiiicationen von Sonne und Mond in klagender Geberde, zugleich
mit der Halbiigur des ewigen Vaters, der die Seele des Sohnes in Em-
pfang genommen; darunter die Gruppe des ersten Menschenpaares, von
dem Drachen der Verdammniss umwunden, die Arme Hehend zu dem Er-
löser emporgestreckt. Dem tiefsinnigen Inhalt entspricht die schlichte
Würde der Auffassung, die klare Entwickelung des Vorganges, die Innig-
keit der Einzelmotive; die Strenge der Behandlung, die zu einem eigen-
thümlich oonventionellen Gewandstyle führt, lindert sich durch ein, in
Einzelheiten fast wundersam feines Naturgcfühl.
Andres Westphälische reiht sich zunächst an, Arbeiten von geringe-
rem Werthe, einzelne darunter ebenfalls mit den Kennzeichen eines er-
regteren Gefühles. Ein Taufstein in der Kirche zu Freckenhorst vom
J. 1129, mit biblischen Scenen, hat in diesen eine rohe Strenge, doch
nicht ohne ein Streben nach lebendigem Ausdruck. Bedeutender erschei-
nen: ein kleines Relief mit der Anbetung der Könige am Eingange der
(späteren) Pfarrkirche zu Beckum; ein Relief in der südlichen Portal-
lünette der Kirche von Erwitte, 2 welches die Besiegung des Drachen
durch den Erzengel Michael in lebhafter, selbst grossartiger Bewegung
1 Massmann, der Egsterstein in Westphalen. Giefers, die Externßteine im
Fürstenthum Lippe-Detmold. E. Förster, Denkmale deutscher Baukunst etc., II.
Ueber dieses und die folgenden westphälischen Sculpturen vgl. auch: W. Lübke,
die mittelalterl. Kunst in Westphalen. Denkmäler der Kunst, T. 47 2 Ein
(zu frei behandelter) Umriss bei Massmann, a. a. 0., S. 46.