Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Die Kunst des romanischen Styles. 
der gegenwärtigen Anlage) und Unterbau ihm angehören, während der 
Oberbau aus dem 13. Jahrhundert herrührt; mit einem rings umgebenden 
Kranze von Absidenkapellen, die in ihrer Zusammenordnung den räum- 
lichen Rhythmus völlig ausklingen lassen und, was wichtiger, ein festes 
Strebesystem gegen einen complicirten Gewölbebau des Inneren ent- 
wickeln; mit leichten Säulenarkaden im Innern mit der Anwendung des 
Spitzbogens, während auch schon die Fensteröüinungen des Chor- 
umganges (zum Theil auch die Oeffnungen des Fagadcnbaues) spitz- 
bogig gebildet sind; dabei, zwar noch auf der Grundlage streng roma- 
nischer Behandlung, doch zugleich ein lebhaft gegliedertes Detail.  
Diesem Bau schliesst sich, minder harmonisch, der Chor von St. Martin- 
des-Champs zu Paris an, sowie der Chor von St. Germain-des-Pres, eben- 
daselbst; der letztere, 1163 geweiht, zwar mit einigen jüngeren Verän- 
derungen, besonders in der Architektur der Fenster, die ihn dem gothi- 
sehen Style verwandter erscheinen lassen, doch jedenfalls schon ursprüng- 
lich durch voll belebte Gliederung, durch feine und edle Ornamentik aus- 
gezeichnet. In diesem Bau und in nächstfolgenden (wie der Kathedrale 
von Noyon, siehe unten) sind die Entwickelungen der romanischen 
Schlussperiode, die Vorbereitungen für das gothische System schon vorweg 
genommen. Selbst die Gründung derjenigen Monumente dieser Gegend, 
an deren Art sich das gothische Element in seiner primitiven Selbständig- 
keit herausbildet, fällt noch in die gegenwärtige Epoche. 
Die 
britischen 
Länder. 
Die englische Architektur des 12. Jahrhunderts entfaltete sich, 
nach dem Beginne jener grossartigen baulichen Unternehmungen, welche 
die Normannenherrschaft schon in den letzten Decennien des 11. Jahr- 
hunderts hervorgerufen hatte, in sehr machtvoller und glänzender Weise- 
Es sind zumeist langgestreckte Pfeilerbasiliken, fast durchgängig mit Em- 
poren über den Seitenschiffen; die Ohoranlage, wie es scheint, (denn die 
vielfachen Veränderungen der Monumente gestatten nicht überall ein si- 
cheres Urtheil über das Ursprüngliche) insgemein einfach, seltener mit 
Umgang und Absidenkapellen; dafür das Querschiff öfters mit einem Sei- 
tenschiifraum auf der Ostseite, der dasselbe mit dem Chorraume in nähere 
Verbindung setzt; über der Durchschneidung von Quer- und Langschiff 
überall ein ansehnlicher Thurm; die Westseite dagegen nur selten auf 
eine bedeutend ausgebildete Thurmanlage berechnet. Das Innere hat 
eine reichliche Ausstattung, aber mehr im Gepräge eines phantastischen 
Schmuckes als in dem einer durchgebildeten Gliederrmg. Die einzelnen 
Baustücke sind massigen Kernes; das Detail und Ornament sind ihnen 
zumeistin spielender Weise angeheftet oder eingearbeitet; auf eine Ueber- 
Wölbung der Hochräume, auf eine entsprechende Gestaltung der stützen- 
den Theile ist nur in seltensten Fällen gerücksichtigt. Inder Behandlung 
erscheint ein nordisches Schnitzwesen entschieden vorherrschend; die alt- 
sächsischen Reminiscenzen machen sich dabei lebhaft geltend. Die Bil- 
dung der Arliadenpfeiler ist mannigfach verschieden; eckige Formen und
	        
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