Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

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Vorstufen künstlerischer 
Gestaltung. 
Bei den Bildwerken der Denkmäler von Yucatan zeigt sich ein schlan- 
keres Körperverhältniss und gelegentlich, neben lebhafterem Sinn für die 
Form, auch Gefühl für die Bewegung. Doch ist die sehmückende Zuthat, 
namentlich der ungeheure Federputz, den die Figuren auf ihrem Haupte 
tragen, zuweilen auf eine so ausgedehnte Weise über die Darstellung 
hingebreitet, dass die Figur selbst fast völlig darin verschwindet. Vor- 
züglich merkwürdige Arbeiten sind die, welche sich an und in verschie- 
denen Gebäuden zu Chichen finden. Das Innere des einen ist mit be- 
malten, charakteristisch lebendigen Reliefs versehen, in Welchen historische 
Begebenheiten dargestellt zu sein scheinen. In einem andern finden sich 
die Reste von Wandmalereien historischen Inhalts, die in der Energie 
der Formen, der Kühnheit und selbst Grossartigkeit der Bewegungen, 
wie leicht der Vortrag immerhin gewesen sein mag, den Standpunkt chao- 
tischer Träumerei schon siegreich überwunden zu haben scheinen. 1 
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Relief von Chichen. 
In vollstem Maasse tritt dies chaotische Element wiederum an den 
seulptirten Pfeilern hervor, welche sich in Guatemala unter den Denk- 
mälern von Quirigua und von Copan gefunden haben. Sie scheinen 
einen eigenthümlichen Entwickelungsgang der bildnerisehen Kunst aus der 
rohen Form der nrthümlichsten Denkmäler zui bezeichnen. Die Pfeiler 
von Quirigua, 20 bis 30 F. hoch, haben in ihrer Gesammterscheinuimg 
noch etwas dem alten nordeuropäischcn Menhir Aehnliches. Die Andeu- 
tungen von einzelnen Haupttheilen der menschlichen Gestalt und von 
allerlei Ornament lösen sich noch erst wenig aus der Pfeilermasse.  
 
1 Waldeok (voyage pitt. et arch. dans 1a province cPYucatan, t. XI.) giebt die 
Darstellung äusserst merkw-ürdiger Statuen, welche sich zu Uxmal, an der Fagade 
des Gebäudes, das auf dem neben der Casa. de las Monjas beiindlichen Teooalli 
(dem sog. „Ha.use des Zwerges") steht, befunden haben sollen. Er hat dieselben 
in seiner Zeichnung nach vorgefundenen Bruchstücken ergänzt. Sie erscheinen als 
nackte männliche Gestalten von beinahe 6 Fuss Höhe und zwar noch in strengem 
Style, aber in tretfflichen Verhältnissen gebildet und besonders die unteren Theile 
des Körpers mit gutem Verständniss ausgeführt. Sie sind, den Abbildungen nach, 
den besseren Werken der ägyptischen Kunst gleichzustellen. Waldeok, der unter 
imgünstigen Verhältnissen arbeitete, ist aber nicht sonderlich zuverlässig. Stephens 
und Catherwood, die sichersten Gewährsmänner für Yucatan und insbesondere für 
Uxmal, wissen nichts von jenen Statuen.
	        
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