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Die Kunst des romanischen Styles.
zigten, wiederum ein Werk seiner eigenen Hand. Aus etwas jüngerer
Zeit, ebenfalls im Hildesheimer Dom, zwei Kronleuchter von vergoldetem
Kupfer, die ursprünglich reich mit Bildwerk besetzt waren, der kleinere
von Bischof Azelin (gest. 1054) gestiftet, der grössere von Bischof Hezilo
(gest. 1079), dieser vorzüglich bedeutend, durch seine Ausstattung mit
Zinnen und Thürmchen und durch die Inschriftverse als Bild des himm-
lischen Jerusalem bezeichnet.
Anderes Merkwürdige im Münster von Essen; 1 Ein ansehnliches
Goldkreuz ist inschriftlich als Stiftung der schon genannten Aebtissin
Theophania (Mitte des Jahrhunderts) bekundet. Es ist reich mit deko-
rativen Emailtäfelchen bedeckt, deren Form aber erkennen lässt, dass sie
ursprünglich zum grossen Theil für andere Zwecke bestimmt, somit ohne
Zweifel noch als Handelswaare eingeführt waren. Zwei andere Kreuze
ergeben sich (gleich dem im Folgenden zu nennenden Leuchter) als Stif-
tung einer Aebtissin Mathilde; unter mehreren Aebtissinnen dieses Na-
mens kann hiebei, wie es scheint, nur auf diejenige geschlossen werden,
welche gegen Ende des 11. Jahrhunderts lebte. Das eine jener Kreuze
hat ein Emailtäfelchen, welches die Aebtissin vorstellt, der ein Herzog
Otto das Kreuz selbst darreicht; das andere Täfelchen mit der Darstel-
lung der hl. Jungfrau und der Aebtissin "vor ihr; (die letztere in beiden
Fällen durch lateinische Inschrift bezeichnet). Das künstlerische Verdienst
dieser Täfelchen ist allerdings gering; aber als Belege einer bestimmten
Aufnahme der byzantinischen Technik und als frühste sichere Beispiele
der Uebertragung derselben auf die Kunst des Occidents sind sie immer-
hin von Bedeutung. Ein viertes, nicht minder schmuckreiches Kreuz ent-
behrt der Angabe seines Ursprlmges. Ein kolossaler sicbenarmiger Leuch-
ter von reich vergoldetem Erz trägt wiederum die inschrütliche Bezeich-
nung der Mathilde. Stamm und Arme desselben sind mit grossen reich
ornamentirten Buckeln versehen und die Lichtteller von ähnlich behan-
delten Kapitälen getragen, in einem Style von strenger und fein durch-
gebildeter Classicität, der sich in der Behandlung des Blattornaments ein
Zug orientalischen (arabischen) Geschmackes zugesellt, dem Charakter
der angedeuteten Spätzeit des 11. Jahrhunderts zumeist entsprechend,
zugleich aber von einer völlig seltenen künstlerischen Meisterschaft.
Die Uebertragung der byzantinischen Emailtechnik scheint sodann,
gleichfalls zunächst in Deutschland, zu einer anderweitigen Verwendung
und Behandlung Anlass gegeben zu haben. Das byzantinische Verfahren
ist miniaturartig fein und fast ohne Ausnahme nur bei kleinen Goldtafeln,
mit aufgelötheten Fäden, welche die eingeschmolzenen Farben scheiden,
angewandt. In Deutschland, und später in andern Ländern (namentlich
in Frankreich), ward es gern auf die Ausstattung kupfernen Geräthes
übertragen, dessen Gründe für die aufzunehmenden Farben vertieft wur-
den, während die vergoldeten Ränder zur Scheidung der letzteren (um
ihr Zusammenlaufen bei dem Schmelzprozess zu verhüten) erhaben stehen
1 Abbildungen bei E. aus'm Weerth, Denkmäler, Abth. I,
Aufsatz im Deutschen Kunstblatt, 1858.
Vergl. meinen