Mexico
und CentraI-Ame1'ika.
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Mauern von kolossaler Dimension hinzogen, zu Chichen und zu Uxmal,
Waren ohne Zweifel für körperliche Uebungen, und zwar für das könig-
lich gefeierte Ballspiel, bestimmt. Dann Enden sich hie und da im
Lande grosse Wasser-hecken, die mit eigenthümlieher Kunst gebaut sind.
Das ganze Land ist alles iiiessenden YVassers baar, und die einst zahllose
Bevölkerung konnte in demselben, soweit sich nicht in tiefen Felskliiften
natürliche Cisternen gebildet hatten, nur durch jene mit grösster Sorgfalt
ausgeführten Werke ein Dasein gewinnen.
9) In Guatemala scheinen ebenfalls sehr zahlreiche Denkmälerreste
vorhanden zu sein; doch ist unsre Kunde von denselben bis jetzt wenig
genügend. Zu Santa Cruz del Quiche (nördlich von der Stadt Guate-
mala) ist ein mächtiger Terrassenbau mit einem Thurm auf der Spitze,
und eine Anzahl andrer, namentlich pyramidaler Reste. Eine bedeu-
tende Ruinenstadt, mit Teocallfs und andern bildncrisch ausgestatteten
Monumentcn, findet sich im Nordenldes Landes, zu Tikal, im Departe-
ment von Peten; eine zweite zu Dolores. 1 An der Grenze von Hon-
tlllrilS, Zu Oopan und Quirigtia, sind ansehnliche Reste terrassirter und
pyramidaler Anlagen, auch eigenthülnliche kolossale Pfeiler, mit reichem
bildnerischem Schmuck, in grosser Menge. Andre mächtige Trümmer der-
selben Gegend zu Ohapulco und Chinamite.
10) In Nicaragua und zwar auf den Inseln Pensacola (oder Ome-
tepe) und Zapatero, die in dem Nicaragura-See liegen, haben sich bild-
nerische Monumente, zum Theil ebenfalls in pfeilerartiger Anordnung,
vorgefunden. 2 Der Charakter derselben scheint darauf hinzudeuten, dass
hier die Grenze der eigenthürnlich mexikanischen Oultur erreicht ist.
Die im Vorigenbesprochenen Denkmäler sind die vereinsamten Zeu-
gen einer ausgetilgten Cultur. In den Berichten der spanischen Eroberer
über das Land und (las Volk, dessen Blüthe sie zerstörten, ist uns indess
noch ein ziemlich anschauliches Bild dieser Cultrlr und. des Zusammen-
hanges der Denkmäler mit dem Leben des Volkes erhalten. Besonders
merkwürdig sind die Berichte über die Hauptstadt des Reiches der Azteken,
Mexieo," oder, wie sie damals gewöhnlich genannt ward, Tenochtitlan.
Mexico war auf einer Inselgruppe inmitten eines Seels gebaut, dem man
erst später einen grössern Umfang festen Bodens abgewonnen hat. Grössere
und kleinere Kanäle durchschnitten die Stadt; breite Dämme von zwei
Stunden Länge verbanden sie mit den Ufern des Sechs. Eine Menge Teo-
calli's erhob sich aus 'den Gruppen der Häuser; der Haupt-Teocalli, auf
welchem dem Huitzilopochtli, dem mächtigen Kriegsgotte der Azteken,
die schrecklichen Menschenopfer dargebracht wurden, stand in der Mitte
der Stadt, an derselben Stelle, wo später die Kathedrale von Mexico er-
baut ward. Er hatte fünf Absätze; seine Basis war 298 Fuss breit, 881118
1 Zeitschrift für allg. Erdkunde, I, S. 161, ff. 2 E. G. Squier, Nicaragua:
its people, scenery, monuments etc. vol. II. 3 v. Humboldt, Versuch über
den polit. Zustand des Königreichs Neu-Spanien. S. 29. Vgl. Kunstblatb (nach
Beltrami) 1831. N0. 102 f.