Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

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romanischen 
Die Kunst des 
Styles. 
baute Krypta von S. Fermo zu Verona, ein bedeutsam angelegter 
vierschiüiger Bau mit säulenartig verjüngten Pfeilern, drei Absiden und 
KreuzHügeln. ' 
In Toscana wird das Muster der altchristlichen Säulen-Basilika 
aufgenommen, selbständig durchgebildet, der klassische Gehalt ihrer For- 
men auf's Neue belebt. Zunächst in schlichteren Beispielen, wie an 
dem wenig bedeutenden Dome von Fiesole vom Jahr 1028, und an der 
Kirche S. Piero in Grado zwischen Livorno und Pisa, einer zweithei- 
ligen Basilika mit östlichem und westlichem Chorschlusse, im_ Aeussern 
durch Rundbogenfriese, Lissenen, einfache ornamentistische Füllungen 
schon beachtenswerth.  Dann in dem Prachtbau des Domes von Pisa, 2 
dessen Ausführung nach 1063 beschlossen wurde, dessen Beginn, unter 
Leitung des Buschetto, in die letzten Decennien des 11. Jahrhunderts 
fällt und der um die Mitte des folgenden beendet zu sein scheint. Es ist 
eine grossartige, wiederum fünfschifiige Anlage, mit Emporen über den 
Seitenschiifen und mit dreischilfigem Querbau. Die Details des Innern 
haben zumeist entschieden antike Formation. Auch das Aeussere hat ein 
der klassischen Kunst entsprechendes Gepräge, zumal an den Langseiten, 
wo eine Pilasterarchitektur, theils mit Bögen, theils mit geradem Gebälk 
angewandt ist, während die Chorabsis und die Fagade reicher und glän- 
zender mit Halbsäulen und mit Gallerien ausgestattet sind. Einen Ge- 
gensatz gegen jene klassische Strenge der Formen bringt ein, aus male- 
rischer Neigung veranlasstes Farbenspiel hervor, durch schichtenweise 
Lagerung schwarzen und weissen Marmors, die im Aeussern und im In- 
nern, und seltsamer Weise nicht in sonderlich rhythmischer Vertheilung, 
angewandt ist; in Verbindung hiermit stehen jedoch rnusivische Täfel- 
werke, welche als Füllung innerhalb der Bögen des Aeusseren ange- 
bracht sind. Wie weit die Ausstattung" des Aeusseren bereits in 
dem ursprünglichen Entwurfe vorgezeichnet war, muss dahingestellt blei- 
ben; der sehr glanzvolle Bau der Fagade, der den antiken Formen schon 
mehr phantastische einmischt, ist jedenfalls als ein. selbständiges Werk 
des 12. Jahrhunderts zu betrachten. So gehört zu den jüngeren Theilen 
des Baues ohne Zweifel auch die über der Durchschneidung der mittleren 
Schiffe angeordnete Kuppel. Ihre Grundfläche ist, in nicht schöner Wir- 
kung, ein Oblong, und von den Bögen, Welche die Kuppel tragen, sind 
die schmaleren in einer Spitzbogenlinie gewölbt. 
Rom entbehrt in dieser Epoche aller monumentalen Bauthätigkeit. 
In Unter-Italien beginnt, besonders seit Begründung der Norman- 
nenherrschaft um die Mitte des 11. Jahrhunderts, eine rege Entwickelung. 
Die Monumente befolgen ebenfalls das alte Basilikenmuster, im Einzel- 
nen mit byzantinischen, auch mit arabischen Motiven, deren Aufnahme 
sich durch die vorgängige Herrschaft der Griechen und der Saracenen 
erklärt. Als Beispiele sind namhaft zu machen: der im Innern moderni- 
sirte Dom von Salerno, um 1080, und die Kirche S. Nicola zu Bari, 
vollendet 1097, geweiht 1108, eine Säulenbasilika mit antikisirenden For- 
1 
1860. 
W. Lübke in den Mittlieilungen der Oentral-Commission 
 2 Denkm. d. Kunst, Taf. 42  
zu Wien. 
J ahrg.
	        
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