Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

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des romanischen Styles. 
Die Kunst 
die Emporen gegen die mittleren Haupträume öffnen, tritt dagegen be- 
reits eine glänzendere Ausstattung ein. Das Choräussere hat eine vor- 
züglich reiche Dekoration, die aber, wie es scheint, jedenfalls schon der 
Zeit des 12. Jahrhunderts angehört. Die Kirche von Conques (Dep. 
Aveyron) hat ein nahe verwandtes System, doch in jüngerer Behandlung 
(vergl. unten).  Die in neuerer Zeit abgerissene berühmte Abteikirche 
von Cluny in Burgund war ein Bau von ähnlich grossartiger Ausbrei- 
tung, mit zwei Querschilfen. Als ihre Bauzeit wird die Epoche von 1089 
bis 1131 genannt; wieweit und in welchen Stadien der Bau während dic- 
ser Zeit durchgeführt war, muss dahin gestellt bleiben. (Ihre grosse 
Vorhalle, ebenfalls noch romanisch, rührte erst von 1220 her.) 
Die 
britischen 
Lande. 
In der englischen Architektur des 11. Jahrhunderts machen sich zwei 
verschiedenartige Richtungen bemerklich: eine nangelsächsische", welche 
den formalen Ausdruck der Sinnesweise der älteren Bevölkerung des Lan- 
des ausmacht; und eine "normannische", welche schon seit der Mitte des 
Jahrhunderts aus einer Neigung zu nordfranzösischer Sitte hervorging 
und seit der Eroberung Englands durch Wilhelm von der Normandie 
(1066) umfassendste Püege fand. Die letztere schliesst sich den baulichen 
Bestrebungen des Festlandes an; die erstere blieb neben ihr auf längere 
Zeit (bis in das 12. Jahrhundert hinein) in Geltung. Im Einzelnen fan- 
den gegenseitige Einwirkungen statt; namentlich sind manche Besonder- 
heiten in den normannischen Monumenten auf Rechnung der sächsischen 
Werkleute zu setzen, deren dic Eroberer für die Ausfiihrimg ihrer Bau- 
ten doch nicht entbehren konnten.  
Das Eigenthüinliche der angelsächsischen Bauweise besteht in der 
Anwendung und Ausbildung von Formen, welche naiv den Bedingnissen 
des Materiales und der Technik folgten oder aus der Tradition dieser 
Bedingnisse beibehalten waren. Es sind theils Motive einer besonderen 
Art des Siteinbaues, thcils solche des Holzbaues, theils eine eigene Ver- 
schmelzung beider. Die Steinbau-Motive ergaben sich aus dem Bau mit 
Bruchsteinen, der mit Pfosten und Bändern von Bausteinen eingefasst 
und durchzogen war. Man bildete die Pfosten aus einem Wechsel „kur- 
zer und langer" Steine und liess die ersteren häufig, zur Herstellung 
eines festeren Verbandes, in das Bruchsteinmauerwerk eingreifen. Man 
bildete sie aber auch als- schlichte Vcrtikalstreifen, die mit Horizontal- 
bändern abwechselten, und man verband damit zuweilen, nach den Mo- 
tiven eines Holzfachwerkbaues, schräge Steinstreifen, auch bogenförmig 
gekrümmte, diese nach den Motiven, welche anderweit im ausgebildeten 
Steinbau vorlagen. Man deckte die Fenster, auch die Thüren, häufig mit 
Steinen von der Form schräg liegender Giebelsparren ein. Man gab dem 
Detail sodann oft das Gepräge einer Schnitzmanier, deren Vorbild unmit- 
telbar in der Holztechnik beruhte, sowohl in Gesimsen als besonders in 
den Arkadensäulchen, welche (wie schon in der Kirche zu Brixworth, 
oben S. 356) in Fensteröfnungen und Gallerieen angewandt wurden.
	        
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