Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

Zweite Periodb. 
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der überlieferten künstlerischen Elemente im Sinne der jungen Nationen 
und im Geiste der neuen Zeit wird kraftvoll durchgeführt; der künstle- 
rische Gedanke geht bewusst und entschieden seinem Ziele zu, bei man- 
nigfaltiger Gestaltung aus einfachen Grundmotiven sich herausbildend; 
die Verwickelung der künstlerischen Interessen, durch sich kreuzende 
Einflüsse, durch Aneignung und Verarbeitung fremdartiger Elemente, ist 
noch fern oder macht sich nur in Einzelfällen, zumeist nur gegen den 
Schluss dieser Epoche bemerklich. Durchgängig erscheint ein streng er- 
habenes Streben als vorherrschend, das vor Allem in der architektoni- 
schen Schöpfung seinen angemessenen Ausdruck findet. Der bildenden 
Kunst fehlt es im Allgemeinen noch an dem Vermögen, solcher Macht- 
fülle nachzukommen; gleichwohl gelangt auch sie zu einzelnen Leistun- 
gen, die im Tiefsinn des Gedankens, selbst in der Würde der formalen 
Anlage als Zeugnisse desselben Strebens zu betrachten sind. 
Ärclf 
tektur. 
Für die architektonische Oomposition ist das alte Basilikenschema 
noch immer von entscheidender Bedeutung; aber es ordnet und gliedert 
sich (die schon im zelmten Jahrhundert gegebenen Einzelmotive zusam- 
menfassend) in eigner Weise, zur erhöhten, in sich beschlossenen Wir- 
kung. Das Mittelschiff verlängert sich über den Querbau hinaus, einen 
selbständigen Chorraum gewährend, dem sich nunmehr das Halbrund der 
Absis (Tribuna) anzuschliessen pflegt. Quer- und Langbau stehen bei 
solcher Anordnung, indem sich über die Seiten der mittleren Vierung, 
welche beiden gemein ist, hohe Bögen wölben, in inniger Verbindung; 
kleinere Seitenabsiden treten insgemein an den Ostwänden der Flügel des 
Querschiffes vor. Der Raum des Ohores, der zuweilen die Vierung, zu- 
weilen auch das gesammte Querschiff mit umfasst, ist häufig gegeh die 
Räume der Vorderschiife erhöht. Unter ihm breitet sich eine Krypta aus, 
deren Gewölbdecke, aus einfachen Kreuzwölbungen bestehend, von Säulen 
getragen wird; sie dient zur Grabstätte hoher oder geheiligter Personen, 
zur Ausübung mysteriöser Culte, welche sich auf Grab, Tod und Dunkel 
beziehen und denen die Gesammtepoche des Romanismus mit Vorliebe 
zugewandt bleibt. In Einzelfällen finden sich Chorpläne von eigenthüm- 
lichreicherer Entwickelung. In ,Weehselbeziehung zu diesen Einrichtun- 
gen der Ohorparthie steht sodann die Anordnung der Westseite. Sie ge- 
staltet sich in der Regel (besonders in der Architektur der nordischen 
Lande) zur erhabenen, mehrgeschossigen Anlage, deren Räume gegen das 
Innere des Kirchenbaues geöffnet zu sein pflegen, an deren Seiten runde 
Treppenthürme vorspringen oder die selbst einen thxumartigen Aufbau 
trägt. Auch geben zuweilen (was später mehrfach der Fall) rituelle Be- 
dürfnisse die Veranlassung zur Anlage eines zweiten, gleichfalls mit vor- 
tretender Absis versehenen Chores an diese Stelle. Im inneren System 
des Schiffbaues sind theils Säulen, theils Pfeiler angewandt, die letzteren 
da, wo ein rohes Bedürfniss die Beschaffung von Säulen llllthunlich 
machte oder wo gesteigerte Dimensionen und Lasten die Anwendung von
	        
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