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Die Kunst des romaujschen Styles.
des Nicolaus, Sohnes des im Jahr 998 verstorbenen Crescentius, einen
Baurest von'phantastisch-barbariseher Pracht, aus Ziegeln und in sinn-
reicher Benutzung der Eigenthümlichkeiten des Materials errichtet, zu-
gleich mit unbekümmerter Verwendung einer überaus grossen Fülle glän-
zender Dekorativstücke antiker Architektur, ohne ein selbständiges künst-
lerisches System, aber durch seine kühne Seltsamkeit nicht ohne Wirkung.
Bildende
KunsL
Nach schriftlichen Berichten.
Von der Prachtausstattung der kirchlichen Gebäude dieser Epoche,
namentlich der deutschen, liegt mannigfache Kunde vor. Sie zeigt im
Allgemeinen dieselbe Sinnesrichtung, dieselbe Neigung zur Verherrlichung
des Heiligsten durch kostbare und glänzende Stoffe, die schon in der
altchristlichen Kunst, und namentlich in deren späteren Epochen, so
entscheidend hervorgetreten war. Metallischer Schmuck, aus Erz, Ku-
pfer, Silber, Gold, mitdarin ausgearbeitetem Bildwerk, mit der Einfü-
gung zahlreichen Edelgesteines, war vorzugsweise beliebt. Nament-
lich die Umgebung des Altares ward auf solche Weise ausgestattet.
Der Altar selbst empfing häufig eine höchst werthvolle Bekleidung der
Art, durch vorgelegte Schmuck- und Bildtafeln; die heiligen Geräthe
wurden mit nicht minder verschwenderischem Luxus gearbeitet. Andrer
plastischer Arbeiten als in Metall wird selten gedacht; gelegentlich wird
die Ausführung von solchen in einer Stuckmasse angeführt; doch kommen
kleine Arbeiten in Elfenbein mehrfach vor. Dagegen war an farbiger
Dekoration kein Mangel; Wandgemälde werden häufig erwälmt. Auf
die Zierde der Bücher, durch Malerei im Inneren, durch Belegung des
Deckels mit Goldarbeit, Steinen, Elfenbeinschnitzwerk, ward lebhafte
Sorge verwandt.
Unter den Einzelbeispielen 1 ist zunächst, ausser den schon erwähn-
ten ehernen Thürflügeln des Domes von Mainz, zwölf eherner Säulen zu
gedenken, welche die Kirche .v0n Oorvey gegen den Schluss des zehn-
ten Jahrhunderts empiing und die voraussetzlich zur Ausstattung des
Chores dienten. Sechs davon waren durch den Bischof von Verden ge-
schenkt; die andern sechs wurden unmittelbar für Corvey durch einen
namhaften Meister, Gottfried, gegossen. Auch von der Kirche von St.
Gallen wird angeführt, dass sie Säulen mit metallischem Schmucke be-
sessen habe. Einen umständlichen und in die Sinnesweise der Zeit
einführenden Bericht besitzen wir über die Ausstattung der Kirche des
Klosters Petershausen bei Oonstanz, welche Bischof Gebhard seit 983
beschaffen liess. Für den Bau des Tabernakels über dem Altar waren
vier Säulen von Eichenholz mit darin ausgeschnitzten Rebenblättern ge-
fertigt worden; der Bischof wollte sie mit Silber bekleiden lassen und
' Vergl. Fiorillo, Geschichte der zeiehnenden Künste in Deutschland, H,
7; I, S. 58 und S. 294 ff, wo zugleich die urkundlichen Stellen.