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Die muhammedanische Kunst etc.
Rundform alt-hinduischer Denkmäler zur Seite. Nicht minder dürfte auch
der Sinn der gleichzeitigen occidentalisch-modernen Architektur, welche
bei ihren erhabensten Domen vor Allem auf den Gewinn der Kuppelform
bedacht war, auf diese vorherrschende Gestaltung des mllllflmmedanischen
Monumentalbaues in seiner Schlussperiode von Einfluss gewesen sein.
Constantinopel war im J. 1453 von den Osmanen erobert wor-
den; es wurde statt Brussa in Klein-Asien die Residenz der osmanischen
Herrscher, deren Reich sich in rascher Folge über weitere und weitere
Länderstrecken ausdehnte. Die griechischen Kirchen von Constantinopel
wurden osmanische Moscheen; die Sophienkirche Justinian's wurde erste
kaiserliche Moschee. Hatten sich schon in der vorigen Periode die mo-
numentalen Unternehmungen der Osmanen den Grunddispositionen der
byzantinischen Architektur in auffälliger Weise angenähert, so musste
dies nunmehr, da man sich in den Hauptwerken der letzteren unmittelbar
eingerichtet, zu einem noch ungleich entschiedneren Anschlusse führen.
In der That wird die Anlage der türkischen Moschee jetzt in allen we-
sentlichen Theilen eine völlig byzantinische, ist es bei den grossartigen
Monumenten, Welche neu errichtet werden, vor Allem darauf abgesehen,
das Muster der Sophienkirche zu erreichen oder wo möglich zu übertref-
fen. Doch folgt die Detailbildung, die Behandlung der Bögen, die der
schmückenden Ausstattung zumeist derjenigen Weise, welche sich bereits
in den Denkmälern von Brussa ausgeprägt hatte. Im Einzelnen auch
wird die Weise der Dekoration, die in Persien heimisch war und dort
eine fortschreitend glänzendere Piiege fand, herübergenommen. Zur höhe-
ren, selbständig eigenthümlichen Durchbildung, auf solcher Grundlage,
gelangte die türkische Architektur indess nicht. Bemerkenswerth sind
etwa die leichten, im räumlichen Sinne zumeist anmuthig wirkenden Ar-
kadenhallen der Höfe, welche sich jetzt dem massigen Körper des Mo-
scheegebäudes vorlegen, besonders aber die überaus leichten Minarets,
welche auf dessen Ecken, im wirksamsten Gegensatz gegen seine lastende
Masse, schlank emporschiessen.
Die Moschee des Ejub (1458, in der gleichnamigen Vorstadt), die
M. Muhammed's II. (1469), die M. Bajazetls II. (1505), die M. Selimis I.
(1526) sind als die ersten bedeutenderen Moscheen zu nennen, welche
unter türkischer Herrschaft in Constantinopel erbaut wurden. lhnen
folgen die der Epoche des mächtigsten der osmanischen Herrscher, Soli-
marfs II., welche zugleich die der gediegensten Entfaltung der türkischen
Architektur ausmacht. Sinan, der Baumeister Solimans, welcher für
den letzteren zahllose Bauten ausführte, war der Künstler, der diese
glänzenden Erfolge vorzugsweise bewirkte. Als seine Hauptwerke sind
an Monumenten Oonstantinopells zu nennen: die Prinzen-Moschee (Scheh-
sadegan-Dschamissi), vom J. 1548, und die Moschee Solimanls, vom Jahr
1555, welche letztere in gediegen klarer Weise eine der Sophienkirche
entsprechende Anordnung mit jenen charakteristisch orientalischen Formen
in der Gestaltung ihrer inneren Theile vereint. Das neben dieser Moschee
befindliche Mausoleum Soliman's, ein achteckiger Kuppelbau, ist durch
die Reinheit seiner Verhältnisse vorzugsweise ansprechend und von selt-
ner Klarheit auch in den äusseren architektonischen Formen. Ein andres