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muhammedanische Kunst
Die
Aussenmauern der letzteren (zum Einschlüsse der gegenwärtigen Kathe--
drale gehörend) und der mächtige Minaret, welcher den Namen der "G1-
ralda" führt, sind noch erhalten. Hier macht sich eine Dekoration der
architektonischen Masse durch grosse Feldertheilungen und eine Füllung
der Felder durch reiche Ziegelmuster geltend. Die Giralda, in starker
Masse viereckig und unverjüngt emporsteigend, ist durch diese Dekoration,
welche zugleich im Wechselverhältniss mit der Fensteranordnung steht,
von energisch prachtvoller Wirkung; sie hat, mit einem modern barocken
Oberbau, welcher an die Stelle der früheren phantastisch maurischen Be-
krönung getreten ist, eine Gesammthöhe von 260 Fuss. Anlage und Aus-
stattung des Thurmes gaben das Vorbild für andre, wie sich solche, doch
freilich von geringerer Bedeutung', an andern Baulichkeiten von Sevilla
und der Umgegend vorfinden. Auch das Schloss von Sevilla, der Al-
cazar, empfing in dieser Epoche namhafte Erneuungen, von denen, neben
älteren und ansehnlichen späteren Theilen, noch Stücke vorhanden sind.
Sehr bedeutende monumentale Unternehmungen fanden gleichzeitig
in den afrikanischen Stammlanden der herrschenden Geschlechter statt.
Andalusische Baumeister wurden zu deren Ausführung herübergezogen.
Marokko, die afrikanische Residenz, schmückte sich mit prächtigen Bau-
werken; ebenso Fez, Rabat, Mansuria. Die Minarets der Haupt-
moscheen von Marokko und Rabat entsprechen in dem Allgemeinen ihrer
Anlage der Giralda von Sevilla; die drei Thürme sollen von demselben
Architekten, Geber, erbaut worden sein. Es fehlt indess noch an einge-
hender Kunde über die marokkanischen Monumente und somit auch an
dem Nachweise darüber, wieviel im Uebrigen aus der in Rede stehenden
Epoche erhalten ist. ,
Sicilien besitzt einige Bauwerke muhammerlanischen Styles, Welche
in diese Epoche fallen. Es ist zwar nicht sicher festgestellt, 0b überhaupt
Etwas von ihnen wirklich noch der muhammedanischen Herrschaft, welche
hier bereits in der Spätzeit des elften Jahrhunderts ihr Ende erreichte,
angehört; ihr Gepräge ist aber entschieden das der muhammedanischen
Kunst, der sich, wie dem sonstigen Reichthume arabischer Cultur, die
neuen normannischen Herrscher zunächst gern zuneigten.
Es sind einige Schlösser in der Umgebung von Palermo, Lustsitze,
die mit reichen Gartenanlagen umgeben waren. lhnAeusseres giebt sich
charakteristisch für die in Rede stehenden Erytwickelungsverhältnisse
der Kunst und zugleich für historische Zustände, in welchen die steten
Wechselfälle des Krieges maassgebend sein mussten, als energisch feste,
kastellartige Masse, im geschlossenen Viereck, mit vortretendeu Erkern
auf den Seiten, die Wandliächen durch hohe spitzbogige Nischen mit we-
nig kleinen Fenstern erfüllt. Im Innern bildet sich ein mittlerer Haupt-
raum, der ursprünglich, wie es scheint, unbedeckt war und dem sich, in
mehreren Geschossen, die Seitenräume anschliessen. Reicher Schmuck war
diesem Inneren, besonders dem Mittelraume, zugetheilt; die Ueberwölbun-
gen der Wandnischen durch jene spielenden Zellengewölbe kommen hier
mehrfach, zum Theil schon in reichlicher Ausbildung, vor. Wie bereits
in dem Schlosse der Azzahra, so war auch hier das Innere durch sprin-