Uebertragungen
der indischen Kunst.
297
Der praktische Sinn des Chinesen führte sodann zur Errichtung
eigentlich historischer Denkmäler, in denen die "Thaten ausgezeichneter
Personen, den Andern zum nacheiferungswindigen Beispiel, verherrlicht
werden. Es sind Pforten, quer über die Strasso gebaut, Pä-lu genannt,
Sie bestehen, jenachdem ein Durchgang oder deren drei beabsichtigt
waren, aus zwei oder vier Pfosten (von Stein oder von Holz), die ober-
wärts durch verschiedene Querbalken verbunden werden. Von architek-
tonischer Ausbildung ist daran freilich keine Spur; nur die geschweiften
Dächer, welche das Ganze krönen, geben seiner Erscheinung einen ge-
wissen Nachdruck. An den Querbalken, Jedem sichtbar, der die Strasse
geht, steht mit goldner Schrift der Name und das Verdienst desjenigen
angezeichnet, dem des Kaisers Gnade das Ehrenmal verstattet hatp-
Zu bemerken ist übrigens, dass in diesen Pä-lu's jene primitive Form des
Portalgerüstes wiederkehrt, welche sich bei den ältesten indischen Monu-
menten (wie bei dem Tope von Sanchi, S. 272) findet.
In den Bauanlagen, welche dem gemeinen Nutzen dienen, haben die
Chinesen namhaft Bedeutendes geleistet. Dahin gehört die kolossale
Mauer, im Norden des Reiches, die das Land gegen die Einfälle der
Mongolen zu schützen bestimmt war. Ihre Erbauungszeit beginnt schon
im frühen Alterthum der chinesischen Geschichte, in der Epoche um 200
v. Chr. G.; 25 Fuss hoch und breit, alle 300 Fuss durch besondre Ba-
stionen verstärkt, zieht sich dies Werk eine Strecke von fast 400Meilen
hin. Dahin gehört ein ausgedehnter Wasserbau, der ngrosse Kaiserkanal"
und ein System andrer Kanäle, welche die gen Osten fliessenden Ströme
des Landes verbinden und die ausgedehnteste Wasser-Communication her-
vorbringen. Mit den Kanalbauten steht ein sehr ausgebildeter Brücken-
bau in Verbindung. Auch diese Anlagen fallen zum grossen Theil in
die Frühepoche der chinesischen Geschichte.
Die bildende Kunst der Chinesen bewegt sich in allen Stoffen;
sie haben Bildwerke aus Stein, Porzellan, Metall, Elfenbein, u. s. w.,
ebenso die mannigfaltigste Malerei. Die Gegenstände gehören theils dem
Kreise untergeordneter Gottheiten und Dämonen, theils dem Bereiche des
gewöhnlichen Lebens an. In Allem, was das äusserliche Handwerk an
diesen Arbeitenibetrifft, erscheinen sie ausgezeichnet, oft bewunderungs-
würdig, im künstlerischen Gefühle, in der künstlerischen Absicht um so
seltsamer und verkehrter. Das Allgemeine des Styles, der Auffassung der
Formen lässt auch hier noch die indische Tradition erkennen; zugleich
aber tritt ein verwunderliches Gemisch von Dürre der Empündung, steif
Conventionellem Gebahren und, wo es sich um erregtere Zustände handelt,
von grimassenhafter Gaukelei zu Tage, welches durch seine Skurrilität
einerseits, durch seine spukhafte Laune andrerseits fast unheimlich, doch
allerdings nicht ohne die Kraft eines gewissen stachelnden Reizes wirkt.
Mit ruhigerem Gefühle und nicht ohne Interesse vermögen wir diejenigen
Malereien anzuschauen, in denen die Chinesen einfach Gegenstände der
Natur abbilden. Ihre Blumen, ihre Vögel, Fische u. dergl. sind hÖChSt
Sauber und mit der grössten Genauigkeit gemalt; auch die Scenen des