Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

Uebertragungen 
der indischen Kunst. 
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Der praktische Sinn des Chinesen führte sodann zur Errichtung 
eigentlich historischer Denkmäler, in denen die "Thaten ausgezeichneter 
Personen, den Andern zum nacheiferungswindigen Beispiel, verherrlicht 
werden. Es sind Pforten, quer über die Strasso gebaut, Pä-lu genannt, 
Sie bestehen, jenachdem ein Durchgang oder deren drei beabsichtigt 
waren, aus zwei oder vier Pfosten (von Stein oder von Holz), die ober- 
wärts durch verschiedene Querbalken verbunden werden. Von architek- 
tonischer Ausbildung ist daran freilich keine Spur; nur die geschweiften 
Dächer, welche das Ganze krönen, geben seiner Erscheinung einen ge- 
wissen Nachdruck. An den Querbalken, Jedem sichtbar, der die Strasse 
geht, steht mit goldner Schrift der Name und das Verdienst desjenigen 
angezeichnet, dem des Kaisers Gnade das Ehrenmal verstattet hatp- 
Zu bemerken ist übrigens, dass in diesen Pä-lu's jene primitive Form des 
Portalgerüstes wiederkehrt, welche sich bei den ältesten indischen Monu- 
menten (wie bei dem Tope von Sanchi, S. 272) findet. 
In den Bauanlagen, welche dem gemeinen Nutzen dienen, haben die 
Chinesen namhaft Bedeutendes geleistet. Dahin gehört die kolossale 
Mauer, im Norden des Reiches, die das Land gegen die Einfälle der 
Mongolen zu schützen bestimmt war. Ihre Erbauungszeit beginnt schon 
im frühen Alterthum der chinesischen Geschichte, in der Epoche um 200 
v. Chr. G.; 25 Fuss hoch und breit, alle 300 Fuss durch besondre Ba- 
stionen verstärkt, zieht sich dies Werk eine Strecke von fast 400Meilen 
hin. Dahin gehört ein ausgedehnter Wasserbau, der ngrosse Kaiserkanal" 
und ein System andrer Kanäle, welche die gen Osten fliessenden Ströme 
des Landes verbinden und die ausgedehnteste Wasser-Communication her- 
vorbringen. Mit den Kanalbauten steht ein sehr ausgebildeter Brücken- 
bau in Verbindung. Auch diese Anlagen fallen zum grossen Theil in 
die Frühepoche der chinesischen Geschichte. 
Die bildende Kunst der Chinesen bewegt sich in allen Stoffen; 
sie haben Bildwerke aus Stein, Porzellan, Metall, Elfenbein, u. s. w., 
ebenso die mannigfaltigste Malerei. Die Gegenstände gehören theils dem 
Kreise untergeordneter Gottheiten und Dämonen, theils dem Bereiche des 
gewöhnlichen Lebens an. In Allem, was das äusserliche Handwerk an 
diesen Arbeitenibetrifft, erscheinen sie ausgezeichnet, oft bewunderungs- 
würdig, im künstlerischen Gefühle, in der künstlerischen Absicht um so 
seltsamer und verkehrter. Das Allgemeine des Styles, der Auffassung der 
Formen lässt auch hier noch die indische Tradition erkennen; zugleich 
aber tritt ein verwunderliches Gemisch von Dürre der Empündung, steif 
Conventionellem Gebahren und, wo es sich um erregtere Zustände handelt, 
von grimassenhafter Gaukelei zu Tage, welches durch seine Skurrilität 
einerseits, durch seine spukhafte Laune andrerseits fast unheimlich, doch 
allerdings nicht ohne die Kraft eines gewissen stachelnden Reizes wirkt. 
Mit ruhigerem Gefühle und nicht ohne Interesse vermögen wir diejenigen 
Malereien anzuschauen, in denen die Chinesen einfach Gegenstände der 
Natur abbilden. Ihre Blumen, ihre Vögel, Fische u. dergl. sind hÖChSt 
Sauber und mit der grössten Genauigkeit gemalt; auch die Scenen des
	        
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