Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

Zweite Periode 
der 
indischen Kunst. 
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in willkürlicher Behandhmg. Sie erstrecken sich, zumeist in Ruinen, 
einige auch in wohlerhaltenem Zustande, das Thal des Beratflusses ent- 
lang, im Osten und im Westen der Hauptstadt (Srinagar oder Kaschmir). 
Für die Aufnahme der antikisirenden Elemente dieser Periode dürfen, 
wie es scheint, vorzugsweise die indobaktrisehen oder indoskythischen 
Lande, wo voraussetzlichdie Grundzüge einer hellenistischen Cultur sich 
aus früheren Zeiten her erhalten hatten, möglicher Weise auch die ihnen 
benachbarten sassanidischen Lande in Betracht kommen. Die mächtige 
Ausdehnung des indischen Buddhismus durch diese Gebiete des Westens, 
welche durch die Fülle der T0pe's von Afghanistan bezeugt wird, scheint 
hiebei die sehr natürliche Vermittelung zu bilden. 
de 
Bil 
Kuns 
Die bildende Kunst dieser Periode besitzt in den genannten Grotten 
von Ajunta und von Bang höchlichst gepriesene Denkmäler,  Wand- 
malereien, von denen einstweilen jedoch noch Nichts durch Abbildun- 
gen zu unsrer näheren Kenntniss gebracht ist. Im Allgemeinen ist hiebei 
zu bemerken, dass der Buddhismus in den Zeiten seiner reineren Bethä- 
tigung der körperlich plastischen Darstellung abhold erscheint. Jene Re- 
liefcompositionen der vorigen Periode, die eine Ausnahme hievon machen, 
dürften in der That mehr der politischen als der religiösen Auffassung 
angehören, während die jüngeren Buddha-Sculpturen zumeist schon eine 
Entartung seiner eigenthümlichen Richtung bezeichnen, sich schon einer 
abweichenden Auffassungsweise anbequemen oder eine Vermischung der 
verschiedenartigen Doctrinen bekunden. Es ist hierin eine gewisse Ver- 
wandtschaft mit der Sinnesweise der griechisch-christlichen Kirche und 
ihrem Verhalten zur künstlerischen Production. 
Unter den Malereien zu Ajunta werden besonders die der sogenann- 
ten Zcdiakus-Grotte gerühmt. Auf der einen Wand der inneren Halle 
sieht man hier eine grosse Procession mit Elephanten, auf der andern 
eine Jagd, unter deren Gebilden sich ein Löwe besonders auszeichnet. 
Andre Darstellungen sind in der Gallerie vor der Halle, darunter eine, 
welche man für die eines Zodiakus gehalten hat. Der Styl scheint dem 
Conventionellen der europäischen Kunst des dreizehnten oder vierzehnten 
Jahrhunderts einigermaassen zu entsprechen.  Zu Bang erscheinen eben- 
falls Processionen, mit der Figur des Buddha, Jagdscenen und Schlachten; 
Pferde und Elephanten von trefflicher Zeichnung; die Farben lebhaft, 
braun, hellroth, blau und weiss; die Zeichnung kühn, der Pinsel frei ge- 
führt. Alles hier Erhaltene wird dem, was die heutigen Hindu's in der 
Kunst der Malerei zu schaffen vermögen, wesentlich vorangestellt. 
Einige Wenige buddhistische Seulpturen von abenteuerlicher K0- 
lossalität, die hier anzufiihren sein dürften, scheinen ihre Entstehung be- 
sonderen Verhältnissen oderEinHüssen zu verdanken. Als solche sind nament- 
lich ein Paar riesige Buddhaüguren zu nennen, die sich, im entlegensten
	        
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