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Die Kunst der Hindus und ihrex Ausläufer.
darzulegen, zeigt sich in der in Rede stehenden Frühperiode sogar die-
Sitte, die Rundsparren oder Rippen des Gewölbes in der That noch aus
Holz zu bilden und sie der runden Felsdecke nur anzuheften, während
sie erst später mit aus dem Fels herausgemeisselt werden. Ebenso wird
in dieser Frühperiode auch das vorragende Schirmdaeh des in der Chai-
tya-Grotte befindlichen Dagop, der natürlichen Anforderung entsprechend,
noch aus Holz gebildet und erst in der folgenden Zeit durch Steinarbeit
ersetzt.
Die Formation des Einzelnen erscheint zum Theil als ein Ergebniss
der naiven Handhabung, welche der Holztechnik eigen ist, und der, zu-
nächst in letzterer leicht zu befriedigenden dekorativen Neigung. Zum
Theil aber, und in Fällen, wo das ästhetische Bedingniss von wesent-
lichem Gewichte ist, zeigt sie jene schon erwähnte Aufnahme von For-
men einer älteren, künstlerisch durchgebildeten Architektur. Es sind
hellenische .und persische Formen, welche für diese Zwecke verwandt
und nach Erforderniss umgebildet werden.
Die Reihenfolge der indischen Monumente beginnt mit den Sie ges-
säulen des Buddhismus, von denen eine Anzahl an verschiedenen Orten
des Gangeslandes, zu Delhi, Allahabad, Bhitari (unfern von Bena-
res), Bakhra und Bettiah (beide unfern von Patna), erhalten ist. Sie
sind zum grössten Theil durch Asoka selbst errichtet worden und in-
schriftlich bekundet. Ihr eigenthümlicher Name ist der der „Löwensäu-
len", indem sie das Bild eines ruhenden Löwen tragen, welches auf den
Namen Buddhaüs, als des „Löwen vom Stamme Sakja", anspielt. Sie
sind sehr schlank und hoch (über 40 Fuss) und haben das Nichtvor-
handensein eines heimischen Formengesetzes bezeugend ein bestimmt
fremdländisches Gepräge. Das Kapital, wo ein solches vorhanden, ist
eine Nachbildung des umgestürzten Kelchkapitäles der persischen Archi-
tektur. Eine Säule, zu Allahabad, hat statt des Kapitals einen seulptir-
ten Hals, welcher dem der reicheren griechisch-ionischen Säule mit völ-
liger Entschiedenheit nachgebildet ist.
Es schliesst sich ein Cyklus von Tope-Bauten an, Welche sich im
cenüalindischen Hochlande von Malwa, in der Umgegend der Stadt
Bhilsa, in mehr oder weniger erhaltenem Zustande befinden. Die be-
merkenswerthesten derselben sind die bei dem Orte Sanchi belegenen
Tope's, namentlich der grössere von diesen, der ungefähr 120 Fuss
Durchmesser und 56'141 Höhe hat und den man nicht ohne Grund eben-
falls noch der Epoche des Asoka zuschreibt. Sein Fuss ist von einem
hohen runden Steingitter umgeben, Welches die einfach massige Nach-
ahmung eines Holzzaunes enthält und sich durch vier Thore nach aussen
öffnet, deren Gerüst, je drei geschweifte Architrave übereinander, von
hohen Pfeilern getragen, nicht minder deutlich die Nachbildung der
Holzconstruction bezeugt. Vor zweien dieser Thore stehen isolirte Säu-
len, deren eine wiederum jenes aus der persischen Kunst herrührende