Die Vorzeit.
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entsprechend, in verschiedene Perioden, deren Grenzen zwar zumeist
nicht sehr scharf zu ziehen sind, deren Untenschiede sich indess doch in
hinreichend bestimmter und ausgeprägter Weise bemerklich machen.
Di
eit.
Die Zeit, welche der Herrschaft des Buddhismus vorangcht, hat aller-
dings dauerbare Denkmäler auf indischem Boden hinterlassen. Diese
gehören jedoch dem Cnlturvolke des Landes, den Hindu's, das man
als ein in früher, dunkler Zeit von Nordwesten eingewandertes betrach-
tet, nicht an. Es sind Steinmonumente von völlig urthümlicher Be-
schaffenheit, in Anordnung und Zusammenstellung denjenigen durchaus
gleich, welche sich im europäischen Nordwesten, namentlich in den kel-
tischen Landen, finden. Im Süden des Dekan und in den Grenzgegenden
zwischen Hindostan und den birmanischen Landen hat man derartige
Reste entdeckt. Sie sind ohne Zweifel von älteren Stämmen errichtet;
mit den Zeugnissen der hinduischen Oultur scheinen sie ausser aller Ver-
bindung zu stehen.
Die Friihgestaltung der letzteren erhellt aus den Schilderungen,
welche in den grossen epischen Gedichten des Volkes (deren Abschluss
in das vierte Jahrhundert v. Chr. fällt) enthalten sind, und aus einigen
wenigen Nachrichten, welche wir bei Grelegenheitivon Alexanders Zuge
in das IndusYand, über die in diesem und im Gangesgebiet vorhandenen
Anlagen empfangen. Beide Quellen lehren uns Städte kennen, welche
mit mächtigen Ziegelwällen und Mauerthürmen oder mit Pfahlwerk ge-
schützt, von breiten Wassergraben umgeben waren. Einzelne Städte
hatten eine kolossale Ausdehnung; ihr Inneres wird als ein Bild anmu-
thiger Heiterkeit geschildert, mit reinlicher Bewässerung, mit schattigen
Parks, mit Tempeln und Palästen, deren Thore, Höfe, Hallen, Terrassen
gepriesen werden, die königlichen Residenzen mit aller Pracht, nament-
lieh mit Groldsäulen geschmückt. Es lässt sich voraussetzen, dass den
Bedürfnissen des Lebens, nach Maassgabe der klimatischen Bedingnisse
und der Erzeugnisse des Bodens, in behaglicher Weise Genüge gethan,
dass an Schmuck und Glanz kein Mangel, dass Elemente vorhanden
waren, welche der künstlerischen Gestaltung wohl eine eigenthümliche
Richtung zu geben geeignet sein mochten. Dass aber eine solche Rich-
tung sich bereits in bestimmter Weise ausgeprägt, dass sie zur festen
Mouumentalform geführt hatte, darüber liegt einstweilen kein Zeugniss
vor; der nachfolgende, uns bekannte Beginn des monumentalen Schaffens
und die Weise seiner Gestaltung berechtigt vielmehr zu dem Schlüsse,
dass dies noch nicht der Fall War.
An Angaben über bildnerisches Schaffen scheint es völlig zu fehlen.
Doch ist zu bemerken, dass aus den Worten des Dichters manches Mal
ein, künstlerisches Auge hervorbliekt, wiederum nicht ohne die Befähi-
gung, künftigen Gebilden der Kunst einen eigenthümlichen Stempel auf-
zudrücken. Die Beschreibung weiblicher Schönheit giebt bereits mit Be-