Vorstufen künstlerischer Gestaltung.
Berichten zu entnehmen ist, stimmt hiemit überein. Das Tempelgebäuile
scheint, ohne selbständig künstlerische Durchbildung, nach dem Vorbildc
des Bedürfnissbaues, welchen das tägliche Leben erforderte, eingerichtet
und nur gelegentlich durch glänzendere Ausstattung von diesem unter-
schieden gewesen zu sein. So prangte der Tempel von Upsala angeb-
lich durch goldenen Schmuck und war von einer goldenen Kette umgebenf
D1e Tempel der pommerschen Wenden "i (die mehr denen des skandina-
vischen Nordens als den (Jultusstätten der slavischen Stammverwandten
im ferneren Osten entsprochen zu haben scheinen) zeichneten sich durch
einen, in gewissem Betracht durchgebildeten Holzbau aus. Der Haupt-
tempel zu Stettin war mit Sclnntzwerk, welches iigürliche Darstellungen
enthielt und in lebhaften Farben erglänzte, geschmückt. An den Haupt-
tempeln auf der Insel Rügen, zu Arkona und
5 , zu Karenz, waren die Wände aber nur durch
Q1: f Q, prächtige Teppiche geschlossen. Die grösseren
J {Cjäg xxlllil, Götterbilder der Wenden bestanden ebenfalls
b aus Holz und waren zum Theil aus verschiedenen
x f" Hölzern kunstreich zusammengefügt. Für die
4' zlxilif Behandlung der künstlerischen Form, welche an
(71,23 diesen Bildwerken hervortreten mochte, fehlt es
{Q l uns an aller bestimmten Anschauung. " S0
A i: wenig wir in diesen baulichen und bildnerischen
7x! Arbeiten eine weitere Entwickelungsstufe dessen,
v3 was in jenen urthümlichen Steindenkmälern des
Nordens ausgeprägt war, finden kiinnen, ebenso
i rdiänllriifiiirhlilfi? ciiäiafieiiläitif;
Bedeutung für den geschichtlichen Entwickelungsgang der Kunst zuzu-
schreiben.
Andres indess hat in solchem Betracht doch auf Beachtung Anspruch.
Vornehmlich die Run ensteine, welche der letzten Zeit der altnationalen
Blüthe des skandinavischen Nordens angehören: aufgerichtete Steine,
auf deren Vorderfläche Inschriften (in den Runencharakteren) eingegraben
sind, welche auf eingeritzten, durcheinander geschlungenen Bändern hin-
laufen, die letzteren zumeist mit Kopf und Schwanz einer Schlange ver-
sehen. Es ist ein buntes Linienspiel, dessen kunstreiche Windungen das
Räthsel des geschriebenen Wortes doppelt geheimnissvoll erscheinen lassen
und in jener Andeutung des Schlangenkörpers einen eigenthümlich phan-
tastischen Zug gewinnen.
Dann ist zu bemerken, dass die Greräthe und Grefässe aus derjün-
_geren Zeit des nordischen Alterthums, welche die Grabstätten bis auf
1 Adam von Bremen, IV. 2G. Er nennt den Tempel (den er übrigens nicht
selbst gesehen hatte) "ganz von Golde gebauet." 2 Vgl. G. F. v. Rumohr,
Sammlung für Kunst und Historie, I. 1. S. '23 H". Berthold, Geschichte von
Pommern, I. S. 541 ff. 4' Ueber das Swantevitbild zu Altenkirchen auf der
Insel Rügen und dessen Verhältniss zu dem Bilde von Arkona s. meine kleinen
Schriften zur Kunstgeschichte, I, S. 668. c