Dritte Periode.
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Die Arbeit zeigt ein Gemisch klassischer Reminiscenzen mit eigenthüm-
lichem Ungeschick und byzantinischer Zierlichkeit; l sie vgl-stattet einen
immerhin nicht ganz ungünstigen Rückschluss auf den Kunstbetrieb der
longobardischen Lande, aus welchem sie hervorgegangen zu sein scheint.
In der byzantinischen Kunst erhielt sich, wie früher, das für deko-
rative Zwecke verwandte Schnitzwerk in Elfenbein in Anwendung. So
empfing Karl d. Gr. aus Oonstantinopel zwei Prachtthüren, welche mit
reichem Elfenbeinschnitzwerk versehen waren. 2 Kleine Täfelchen der Art
linden sich mehrfach in den Sammlungen. Manche von ihnen überraschen
durch die feine Behandlung, selbst noch durch das lebendige Gefühl, wel-
ches sich in den überkommenen Formen und Motiven ausspricht; so die
kleine Platte mit der Darstellung der wvierzig Heiligen" in der k. Kunst-
kammer zu Berlin, 3 eine Platte mit zwei Heiligenfiguren im grünen
Gewölbe zu Dresden, u. a. m. Das Meiste indess lässt ein gänzlich
starr gewordenes Gefühl erkennen und deutet hieinit auf die späteren
Jahrhunderte byzantinischer Entartung.
In der Malerei kommt vorerst wiederum die Kunst der musivi-
scheu Darstellung in Betracht. Rom liess sich auch deren erneute
Pflege angelegen sein namentlich die Frühzeit des neunten Jahrhunderts
sah eine erhebliche Anzahl derartiger Werke entstehen. Doch fehlte be-
reits das Vermögen zu einer neuen Belebung; theils zeigt sich das c0n-
ventionell byzantinische Wesen, dem das römische Mosaik schon in der
vorigen Periode. gefolgt war, beibehalten und mit noch geringerem Ver-
ständniss der Form verbunden, theils nimmt ein roher Barbarismus über-
hand, in welchem dann die künstlerische Thätigkeit selbst ihr Ende findet.
Das wichtigste und durch seine historischen Bezüge vorzüglichst merkwür-
dige Werk, das Nischenmosaik aus dem Triclinium Leo's IIL, ist nur in
einer Oopie, doch einer genau gearbeiteten, an der Kapelle Sancta.
Sanctorum (Scala sancta) beim Latcran erhalten. 4 Anderweit sind zu
nennen die Mosaiken von SS. Nereo ed Achilleo, S. Prassede, S. Cecilia,
S. Maria della Navieella. 5 Gegen die Mitte des Jahrhunderts folgen die
gänzlich rohen und innerlich dürftigen von S. Mareo, nach der Mitte die
von S. Francesca Romana, mit welchen die Thätigkeit Roms im Fache
bildender Kunst für diese Epoche schliesst. Nicht ganz so verderbt
als die römischen Mosaiken sind die im Chor von S. Ambrogio zu M ai-
land, vom J. S32.
In der nordischen Kunst ist ein grosses musivisehes Werk zu nennen,
das in der Kuppel des Münsters von Aachen, welches ohne Zweifel, wie
das Gebäude, aus der Zeit Karls des Gr. herrührte. Es war ein Gold-
himmel mit rothen Sternen, nach der Altarseite- ein riesiges Salvatorbild,
1 J. Burckhardt, Cicerone, S. 556. 1' Annales Mettenses, ad a. 803.
3 F. Kugler, Beschreibung der in der k. Klmstkammer zu Berlin vorhandenen
Kunstsammlung, S. 3-6. 4 Dehkm. d. Kunst, Taf. 37, Fig. 3. 5 Eben-
daselbst Fig. 14.