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VIII.
Die
altohristliche Kunst.
sehen Museum zu London, welches unter dem Namen des „Cuthbert-
Buchesu bekannt ist, gehören ebenfalls dem Anfange des achten Jahr-
hunderts an. 1 Die Kunstweise, zugleich in andern Fächern dekorativer
Kunst bewährt, ist auch auf die Richtungen der folgenden Periode von
Einfluss.
Dritte
Periode.
Die dritte Periode der altchristlichen Kunst scheidet sich von der
vorigen mit der, in der späteren Zeitdes achten Jahrhunderts angebahnten
"neuen Macht- und Culturstellung defStaaten. Der hohe Aufschwung des
fränkischen Reiches durch Karl d. Gr. (768-814), die Begründung der
Selbständigkeit und Machtfülle des römischen Kirchenstaates sind in diesem
Betracht vornehmlich anzuführen; der Beginn der glanzvollen Entfaltung
der muhammedanischen Cultur, Welche der europäischensowohl im Osten,
in der Pracht des Abbassidenhofes von Bagdad, als im Westen, in dem
Khalifat von Cordova, entgegentrat, erscheint als ein nicht minder an-
regendes Element. Die altchristliche Kunst behielt die Grundlagen, welche
sie in den beiden ersten Perioden gewonnen hatte; aber die wichtigsten
nationalen Unterschiede treten schärfer hervor, das volksthümlich Indivi-
duelle beginnt sich in bestimmteren Einzelzügen geltend zu machen, der
Wetteifer mit dem Fremden (dem lllnhammedanischen) leitet eigenthiim-
liche lllischilngen und YVandlungen des Geschmackes ein. Die dritte Pe-
riode führt bis an den Schluss der altchristlichen Kunstbestrebungen, je
nach den, schon oben (S. 209) bezeichneten Ausgängen derselben.
Architektur.
Karl der Grosse sorgte mit Eifer für die Baubedürfnisse seines
Reiches; er liess es sich angelegen sein, zugleich den Anforderungen mo-
numentaler YVürde zu genügen, soweit es das geistige Vermögen der Zeit,
die technische Fähigkeit, die Mittel verstatteten. Seine Residenzstadt,
Aachen, ward mit so mannigfachen und ansehnlichen Werken geschmückt,
dass sie von den Zeitgenossen den Namen eines zweiten Rom empfing.
Das bewundertste dieser Werke, der der Mutter Gottes geweihtcMünster
von Aachen, "i gebaut von 796-804, ist auf unsre Tage erhalten, giebt
indess nur das Zeugniss materieller Tüchtigkeit, noch aber nicht das einer
Erfrischung, einer Neubelebung des architektonisch künstlerischen Gre-
fühles. Es ist eine Nachahmung der Anlage von S. Vitale zu Ravenna,
mit constructiven, an sich sehr schätzbaren Eigenthümlichkeiten (in der
oberen "Lleberwölbung der Seitenräume), in der Ausführung und Behand-
lung jedoch trocken und nüchtern. Die Säulennischen zwischen den acht
Pfeilern des Inneren fehlen; statt ihrer sind die grossen Bogenölfnungen
1 Waagen, Treasures of art in Great-Britain, I, 136, if.
in England, I, 134.) 2 Denkm. 'd. K., Taf. 35, Fig. 3.
(Kunstw. u. Künstler