Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

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VIII. 
Die altchristliche Kunst. 
der klassischen Kunst, welche die Hand des Künstlers leiteten. Selbst 
auch die malerische Behandlung bewahrt die Reminiscenzen derselben 
noch in entschiedener Weise. 
Neben den grossräumigen Werken, welche die Wände schmückten, 
bekundet sich die Malerei der christlichen Frühepoche auch in den Gat- 
tungen der Kleinkunst. 
Die eine Gattung, eigentlich nur eine zeichnende, besteht in Glas- 
schalen, die (gewissermaassen im Sinne der-alten griechischen Vasen- 
rnalerei) auf Goldgrund gravirte Darstellungen enthalten. Den Inhalt 
bilden vorzugsweise christliche Symbole, symbolische Figuren und Scenen. 
Gleich den Katakombenmalereien stehen sie noch im nächsten Wechsel- 
verhältniss zur Antike, zuweilen in leidlich gediegener, meist in roher 
Behandlung. Das christliche Museum des Vatikans besitzt ihrer eine 
namhafte Anzahl. 
Eine andre Gattung ist die der Miniaturmalerei in Pergament- 
handschriften. Einige der Art gehören zu den Zeugnissen der unmittel- 
baren Fortsetzung antiker Kunst, indem sie den Gegenständen der letz- 
teren gewidmet und die bei diesen übliche Weise der Darstellung und 
Behandlung, ob wiederum auch mit augenfällig sinkenden Kräften, nach-e 
zubilden bemüht sind. Als solche sind die Bilderhandschriften des Homer, 
in der ambrosianischen Bibliothek zu Mailandf und die des Virgil, 
in der vatikanischen zu Rom, zu nennen. Beide gehören dem vierten 
oder fünften Jahrhundert an.  Aehnliches ward auch für die heiligen 
Schriften der Christen, zunächst, wie es scheint, für die Schriften des 
alten Testaments, beliebt. Eine griechische Bilderhandschrift der Genesis, 
in der k. k. Bibliothek zu Wie n,2 die Stücke einer solchen im britischen 
Museum zu London erscheinen den eben genannten Arbeiten an Alter 
und künstlerischer Behandlungsweise gleich. Umfassendere Werke sind 
in Copien erhalten, welche aus mehrfachen Gründen mit Bestimmtheit 
auf verlorne Originale derselben Frühepoche der christlichen Kunst zu- 
rückschliessen lassen. Dahin gehört namentlich eine grosse Pergament- 
rolle der vatikanischen Bibliothek, 32 Fuss lang, mit Darstellungen aus 
der Geschichte des Josua; der darauf enthaltene Schrifttext, auch Aeusser- 
lichkeiten der künstlerischen Behandlung deuten auf das siebente oder 
achte Jahrhundert; der Geist der Eründung, das Leben in der Oompo- 
sition des Einzelnen, die ganze Auffassung bezeugen aber, dass die ur- 
sprünglichen Darstellungen einer der antiken Kunst noch näher stehenden 
Zeit angehörenß Dasselbe und in noch ausgedehnterer Weise ist bei 
den überaus zahlreichen Bildern der Fall, welche eine dem elften oder 
zwölften Jahrhundert zugehörige Handschrift des Octateuch (der ersten 
acht Bücher des alten Testaments) in der vatikanischen Bibliothek 
schmücken. In dieser sind, was sehr bemerkenswerth, auch die Einzel- 
1 Iliadis fragmenta 
Kunst, Taf. 37, Fig. 13. 
antiquissima 
 s Denkm. 
cum pictulis äd. A. Majo.  
d. Kunst, Taf. 37, Fig. I]. 
Denkm.
	        
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