Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

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VIH. 
Die altchristliche Kunst. 
erreicht ward. Die Wirkung des Inneren ging gleichzeitig dem Altar- 
raume entgegen und der hochgewölhten Tribuna hinter diesem. Aber 
auch sie empfing an jener Stelle, durch die Querhalle und die unmitte1_ 
bare, den gegenseitigen Verhältnissen durchaus entsprechende Verbindung 
der Vorderräume mit dieser, eine neue Steigerung. Ein hoher säulen- 
getragener Bogen führte aus dem Mittelschiff in die Querhalle, welche 
mit ihren Fensteröifnungen dem heiligen Raume des Altares den hellsten 
Lichtzuiluss zu gewähren geeignet war. Die ruhige Grösse des Vorder- 
raumes war hiemit, in perspektivischer Entfaltung, zu einem machtvollen 
Schlusse hinausgefuhrt. Im Uebrigen war die Anordnung der Querhalle 
ohne Zweifel zugleich durch die Bedingungen eines nunmehr reicher aus- 
gebildeten Altardienstes veranlasst. Doch kam es allerdings nur auf das 
Allgemeine der eben besprochenen Wirkungen an; in der Einzelform nahm 
man das antike Vorbild, wie es eben vorlag (oder man nahm selbst vor- 
handenes, für andere Zwecke gearbeitetes Material); und man ertrug es 
auch, dass die Oberwände des Mittelschiffes über den Gebälken der Säulen-V 
stellungen eine ausser allem Verhältniss stehende Last bildeten.  St. 
Peter hatte ausserdem einen weiten mit Säulenstellungen umgebenen Vor- 
hof, welcher das Gebäude von dem werkeltäglichen Leben sonderte, und 
in der Mitte desselben einen Brunnen zur Reinigung vor dem Eintritte 
in das Heiligthum; eine Anlage, welche überall ein wesentliches Zubehör 
der grösseren Basiliken des christlichen Alterthums bildete.  
Gegen Ende des vierten Jahrhunderts folgte in Rom' ein andrer 
nicht minder machtvoller Basilikenbau, der der Kirche S. Paolo fuori 
le mura, welche bis auf die Gegenwart erhalten war und nach einem 
Brande im J. 1823 der alten Anlage thunlichst entsprechend erneut ist. 1 
Auch sie ist fünfschiftig, mit der Querhalle vor der Tribuna, und im We- 
sentlichen nur dadurch von den vorgenannten Basiliken unterschieden, 
dass die Säulen des Mittelschiffes keine geraden Gebälke tragen, sondern 
 wie schon an einzelnen barbarisirenden Bauten der römischen Spät- 
zeit  durch Bögen verbunden werden. Diese Verbindung ist unantik, 
dem ästhetischen Bedingniss der überlieferten Säulenform widersprechend, 
aber für die Totalwirkung des inneren Raumes und seines Aufbaues ent- 
schieden günstig, indem die Bögen sich mit widerstrebender Kraft der 
Last der auf ihnen ruhenden Oberwände entgegen spannen und in dem 
gleichartigen Wechsel ihrer Bewegung auch die perspektivische Erschei- 
nung des Ganzen lebendiger machen. Im Uebrigen gewährte St. Paul 
zugleich das Beispiel der reichlichsten Ausstattung der Innenräume, welche 
durch jene Gesammtanordnung gewonnen waren: der im Laufe der nächst- 
folgenden Zeit hinzugefügten musivischen Malereien, welche die Oberwände 
des Mittelschilfes, welche den Bogen, der in die Querhalle führte und als 
Siegesthor des christlichen Glaubens den Namen des Triumphbogens em- 
pfing, und die Nische der Tribuna, namentlich das Halbkuppelgewölbe 
derselben, bedeckten.  Es war solchergestalt bei dem Inneren der 
Basiliken vorzugsweise auf zweierlei abgesehen; auf jenes Erhabene in 
der allgemeinen räumlichen Wirkung und auf eine Benutzung der ge- 
 
Denkmäler der 
Kunst, 
Taf. 
Fi8'
	        
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