Erste Periode.
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diesen Mustern zu erbauen, sobald nur eine öffentliche Bethätigung des
Gemeindelebens verstattet war. In dem Langraume- der Basilika und
auf den Gallerieen sammelte sich das Volk, während in dem Halbrund
des ursprünglich für richterliche Zwecke eingerichteten Tribunals, an der
hinteren Schmalseite, die Priester sassen und vor diesen der Tisch des
heiligen Mahles, der Altar, errichtet war, Diejenigen aber, welche noch
der Aufnahme in die Gemeinschaft der Gläubigen harrten, in der Vor-
halle des Gebäudes ihre Stelle fanden.
Die christlichen Kirchen, die schon im dritten Jalnhundert in nicht
unerheblicher iZahl erbaut waren und deren Zerstörung zur Zeit der dio-
cletianischen Verfolgung nicht ohne Mühe vor sich ging, waren voraus-
setzlich zumeist Basiliken der Art, von herkömmlich römischer Beschaffen-
heit, grössere und kleinere, reichere und schlichtere, je nach den Um-
ständen. Reste von solchen haben sich in der weiland afrikanischen
Provinz des römischen Staates, wo das Christenthum frühzeitig blühte,
im heutigen Algerien, vorgefunden. 1 So besonders die in mässigen
Dimensionen, doch iiinfschiffig (vermuthlich mit viereckigen Pfeilern statt
der Säulen) angelegte Basilika des Reparatus im alten Castellum
Tingitanum, dem heutigen Orleansville, inschriftlich vom J. 252. Eigen-
thümlich ist, dass das Halbrund des Tribunals (die Tribuna oder Absis)
bei diesem Gebäude nach innen hineintrat, ohne sich im Aeusseren seiner
Hinterseite bemerklich zu machen, und dass ihm gegenüber im J. 403
eine ähnliche Tribuna, diese als Grabstätte des Bischofes Reparatus, hin-
zugefügt war. Andere, wohl nicht sonderlich jüngere Basilikenreste jener
Gegend sind die von Tefaced, ein gleichfalls finfschiffiger Bau, doch
mit Säulen zu den Seiten des Mittelschiifes und mit Pfeilern zwischen den
Seitenschiffen; und die einer kleinen Basilika zu Annuna. Aehnlich
frühster Zeit christlichen Kirchenbaues gehört, allem Anscheine nach, ein
merkwürdiges Denkmal zu E1 Hayz, auf der kleinen Oase der lybi-
sehen Wüste, 2 an; ein ebenfalls nicht grosser basilikenähnlicher Bau, die
Seitenschiife unter den Gallerieen gewölbt, der Raum der Tribuna vier-
eckig gebildet, Alles mit Nischen und Wandsäulen in einem römisch-ägyp-
tischen Style geschmückt, ähnlich wie manch ein heidnisches Monument
jener Gegenden aus der letzten Spätzeit des Alterthums.
Unbehinderter, glänzender, in grösserer Ausdehnung konnte der christ-
liche Kirchenbau sich entfalten, zu einer selbständigeren Behandlung des
überkommenen Systems sich durchbilden, seit das Ohristenthum unter
Constantin d. Gr. in die Reihe der Staatsreligionen eingetreten und in
kurzer Frist die herrschende Religion geworden war. Schon Constantin
liess dem ngien Glauben prächtig ausgestattete Kirchen errichten; seine
Mutter Helena stand ihm in ähnlichem Streben zur Seite. Berichte jener
Zeit enthalten die Angaben von derartigen Unternehmungen. Zu Tyrus
baute der Bischof Paulinus in der Frühzeit des viertenJahrhunderts eine
stattliche Basilika mit grossem Vorhofe; zu Jerusalem liess Constantin
Wenig später, unter den baulichen Anlagen, welche das heilige Grab
1 Revue arehäologique,
Vßyage ä lßläroä, II, pl. 36.
553;
Cailliaud,