Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

VIII. 
DIE 
ALTCHRISTLICHPI 
KUNST. 
BIIIBT 
orb 
kunä- 
Als die römische Weltherrschaft auf dem Gipfel ihrer Macht stand, 
war die Kirche Christi gegründet worden. Unter dem Gesetze Roms, 
welches die Völker zusammenband, hatte sie sich weithin über diealten 
Culturlande verbreitet. Von den Männern des Geistes verachtet, von den 
Männern der Gewalt, welche den Kern des- Gesetzes wahren zu müssen 
glaubten, vielfach und blutig verfolgt, war ihrem stets mächtigeren Wachs- 
thum dennoch kein Einhalt geschehen. Die Lehre, welche sie brachte, 
war zu trostesvoll, zu beseligend gegenüber der gespenstischen Oede, 
welche von dem Glauben des Alterthums zurückgeblieben war.  
Ein neuer Geist hatte die alte Welt mehr und mehr durchdrungen:  
eine neue Form war nicht in seinem Geleit. DasChristenthum fügte 
sich bereitwillig den Formen, welche es als herrschende vorfand, doch 
allerdings mit dem Vorbehalt: die götzendienerischen Formen zu meiden. 
Zur künstlerischen Form hatte es an sich kein Verhältniss; zu derjenigen 
Weise künstlerischer Thtttigkeit, welche den Zwecken des alten Cultus 
gewidmet war, musste es nothwendig in ein feindliches Verhältniss treten. 
Die alte Kunst stand, wie sehr auch die persönlichen Beziehungen ihrer 
mythischen Gebilde verblasst, wie häufig diese zum blossen Gedanken- 
symbol geworden waren, mit dem Cultus des Heidenthums noch immer 
in nächster Wechselwirkung; so konnte es nicht ausbleiben, dass die 
christliche Kirche der ersten Jahrhunderte, nachdem sich überhaupt die 
Gelegenheit zur Herauskehrung derartiger Gegenstände gefunden hatte, 
das künstlerische Schaffen nicht selten als ein geradehin verdammungs- 
würdiges von sich abwies. 
Doch war so schroifer Widerspruch eben nur durch äussere Umstände 
veranlasst, herbere Wirkungen ohne Zweifel nur da mit sich führend, 
wo die Umstände einen grösseren Eifer entllammten, wo sie mit Per- 
sönlichkeiten von unnachsichtiger Strenge zusammenstiessen. Doch war 
die Welt der griechisch-römischen Cultur so durchaus von künstlerischer 
Gestaltung und Ausdrucksweise erfüllt, dass ein Herausreissen aus der 
allgemeinen Sitte und Gewöhnung, zumal in den Perioden, Welche dem 
christlichen Gemeinwesen eine ruhigere Entfaltung vergönnten, unnatür- 
lieh gewesen wäre, dass immerhin, im Gegensatze gegen jenen feind- 
lichen Eifer, ein bestimmteres Verharren in der ererbten Formensprache ,
	        
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