184
VII.
Die Kunst der
Epoche.
römischen
sie zu bemerkenswerthen Seitenstücken jener grossen Cameen der Ptole-
mäer und andrer Nachfolger Alexanders machen, während die dargestell-
ten Gegenstände und die derbere Behandlungsweise allerdings das Wesen
der römischen Epoche bekunden. Einzelne von ihnen, mit ügurenreichen
Compositionen in Bezug auf die kaiserliche Familie, sind vorzüglich cha-
rakteristische Zeugnisse der letzteren; die historische Auffassungsweise
verbindet sich hier mit der Sprache einer mythischen Symbolik, in solcher
Weise Darstellungen liefernd, welche das Walten der kaiserlichen Macht
in poetischer Feierlichkeit zur Erscheinung bringen. Zwei von diesen
Cameen sind näher anzuführen. Der eine, in dem k. k. Kabinet zu Wien,
9 Zoll breit und 8 Zoll hoch, stellt den Augustus als irdischen Jupiter
dar, gemeinsam thronend mit der Göttin Roma; auf der einen Seite, an
den Thron sich anlehnend, die Gestalten des Ueberflusses, des Meeres und
der Erde, von denen die letztere einen Kranz über das Haupt des Kaisers
hält; auf der andern Tiberius als Besieger Illyriens, von dem Triumph-
wagen, den eine Siegesgöttin führt, herabsteigend, und Germanicus, der
an dem Triumphe Theil genommen. Unterwärts Krieger, die eine Trophäe
errichten, und Gefangene in nordischer Tracht. Der andre Cameo in
dem K. Kabinet zu Paris (früher in der dortigen Ste. Ohapelle), 13 Zoll
hoch und 11 Zoll breit. Hier thront Tiberius, ebenfalls als irdischer Ju-
piter, neben ihm seine Mutter Livia als Oeres; zu den Seiten Figuren der
Familie, unter ihnen Germanicus, der von dem Kaiser entlassen wird,
um die Führung des parthischen Krieges zu übernehmen, und zwei Musen,
welche die Thaten des Helden zu verzeichnen bereit sind. Oberwärts
wird Augustus von einem Flügelross zu den himmlischen Regionen em-
porgetragen, wo ihn die schwebenden Gestalten der Heroen des kaiser-
lichen Geschlechtes, Aeneas, Julius Cäsar und der ältere Drusus, empfangen.
Unterwärts die Gruppen Ueberwundener mit der Andeutung theils nordi-
schen, theils orientalischen Kostüms.
Die Arbeit der Cameen, aus Steinen von verschiedenfarbigen Schich-
ten, führte dahin, Aehnliches auch in verschieden gefärbtem Glase her-
vorzubringen. Bei der Wahl dieses Stoffes war man nicht, wie bei den
Steinen, durch ein gegebenes Maass beschränkt; man benutzte ihn somit
besonderspda, wo es auf grössere Dimension ankam, namentlich bei Ge-
fassen. Ein Hauptwerk solcher Art ist die sogenannte Portland-Vase,
im britischen Museum zu London, ein 10 Zoll hohes Gefäss von dunkel--
blauem Glase, über dessen Oberfläche eine feine Schicht weissen, undurch-
sichtigen Glases geschmolzen ist; in letzterem sind die bildlichen Dar-
stellungen (aus der Mythe von Peleus und Thetis auf eine solche Weise
geschnitten, dass die Figuren in weisser, der Grund in blauer Farbe er-
scheinen. Die Arbeit ist höchst geschmackvoll und gehört den besten Zeiten
römischer Kunst an. (Neuerlich durch einen Wahnsinnigen zerschlagen,
aber vortrefflich hergestellt.) Von vielen andern, zum Theil noch vor-
züglicheren Gefässen dieser Art haben sich wenigstens Fragmente erhalten.