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VII.
Die Kunst der römischen Epoche.
Uebcrgänge zu den bezeichnend römischen Formen. 1 Jene machen sich
besonders an den Hallen eines dreiseitigen Platzes zur Seite des Theaters
und den mit ihnen verbundenen Räumlichkeiten geltend. Hier sind leichte,
zum Theil zierlich spielende, dorische Formen von spät griechischer Art;
vorherrschend, während der in jenen Platz führende Portikus ähnlich
leichte, ionisch dekorative Formen hat. Die Uebergänge zum Römischen
herrschen an den baulichen Resten, welche das I-Iaupt-forum Umgeben,
vor. Die Hallen desselben hatten flache, selbst missverstanden dorische
Formen; der grosse Tempel im Grunde des Forums war nach italischei-
Art, wahrscheinlich mit einem korinthischen Portikus, angelegt. Das
Baumaterial von Pompeji hat keine sonderlich monumentale Beschaffen-
heit; Alles, zumal in den Privatanlagen, ist auf einen leichten dekora-
tiven Eindruck berechnet. Das sorglos kleinstädtische Behagen, begünstigt
durch alle Reize der Natur, ebenso aber auch die Uebergangsstellung
zwischen -der gewichtigeren Herrschaft des hellenischen und des römischen
Baustyles, dürfte zu der bunten Entfaltung des Dekorativen, von dem
die Reste Pompejfs umspielt sind, .wesentlich beigetragen haben.
Rom hatte sich seit dem Ausgange des vierten Jahrhunderts mit
zahlreichen Tempeln und andern Bauten, mit "Silberhallen" zur Seite des
Forums, für den Geldverkehr" u. dergl., geschmückt. Dies waren jeden-
falls noch Werke des spätetruskischen und in dessen Art gräcisirenden
Styles. Im zweiten Jahrhundert folgten bedeutendere Unternehmungen.
Die hellenische Siegesbeute gab Anlass zu den ersten prächtigen Marmor-
tempeln, denen des Jupiter Stator und der Juno, beide innerhalb eines
gemeinsamen Säulenhofes durch Metellus Macedonicus bald nach der Mitte
des Jahrhunderts erbaut und mit griechischen Kunstwerken reichlich ge-
schmückt. Stattliche Basiliken traten an die Stelle der Silberhallen. Der
Neubau des Jupitertempels auf dem Kapitol (nachdem Brande des ältern
im Jahr 83 v. Chr.) wurde aber noch nach dem etruskischen Schema
ausgeführt. Ungefälm gleichzeitig mit diesem Neubau ist der Rest des
dorischen Herkulestempels zu Cora unfern Rom, in flacher, wiederum
späthellenischer Form; und der grossartige Bau des sogenannten Ta-
bulariums (Archivs und Sehatzhauses) am Südhange des Kapitels, des-
sen Ucberbleibsel das älteste Beispiel eines Arkadenportikus, mit einer
dorischen Halbsäulen-Architektur, enthalten.
Zu einer höchst gesteigerten Entwickelung des baukünstlerisehen
Strebens gaben die Jahrzehnte um die Mitte des ersten Jahrhunderts
v. Chr. Veranlassung. Es war die Zeit des gewaltigsten Wettkampfes
genialer Naturen um die Herrschaft der Welt; es galt, durch Werke von
nie gesehener Pracht das römische Volk, dem sie dargeboten wurden, zu
gewinnen, ein Zeugniss der Grösse stets durch das andre zu überbieten,
Freilich handelte es sich hiebei zunächst um kolossalen Luxus, um
kühnste Technik, um schlagende Wirkung des Augenblicks; Theater und
Amphitheater wurden für wenige Tage aufgeschlagen, riesig gross, zaube-
rische Ueberraschungen gewährend, mit dem ersinnliehsten Uebertluss
prächtigen Schmuekes ausgestattet. Doch hatten diese Unternehmungen
les ruines
1 Mgz0iS1
de Pompläi.
Gell and Gandy, Pompejana.