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Die
hellenische Kunst.
Werken sind hervorzuheben: die lebensgrosse Kriegerügur von Todi, von
Einigen als Mars bezeichnet, im etruskischen Museum des Vatikans;
die Statue des sogenannten Arringatorc, ein Portraitbild eines Redners mit
der N amensinschrift Aule Meteli, tüchtig gearbeitet, aber ohne sonderlichen
Geist, im Museum von Florenz; die anziehend naive Figur eines
stehenden Knaben, der eine Gans im Arme trägt, im Museum von Leyden;
und eine weibliche Gewandstatue, von Einigen als Minerva Ergane
benannt, in der Glyptothek von München, ein Werk von vorzüglich edlem
Style und glücklich geordneter Gewandung, das nur in den feineren Theilen
des Gefältes die Reminiscenz etruskischer Befangenheit bewahrt.
Dann sind die gravirten Zeichnungen zu nennen, mit welchen
die Rückseiten eherner Rundspiege] (nur ausnahmsweise finden sich hie:
flache Reliefbilder statt der Zeichnungen) und die ehernen Kästchen der
etruskischen Kunst (sogenannte mystische Oisten) geschmückt zu sein
pflegen. Das künstlerische Verdienst dieser Zeichnungen ist verschieden;
zuweilen sind sie iiüchtig und ziemlich styllos behandelt; nicht selten aber
wissen sie sich die Weise der hellenischen Kunst in dem Stadium ihrer
jüngeren Vollendung mit Glück anzueigncn, wobei eine gewisse Schüch-
ternheit in Bewegung und Fassung der Gestalten ihnen wohl einen be-_
sondern Reiz giebt. Die Gegenstände gehören zumeist der griechischen
Mythe an; im Einzelnen gesellen sich Gestalten der etruskischen Mythe
hinzu; an etruskisch beigeschriebenen Namen fehlt es auch hier nicht.
Die Oomposition, namentlich die der Bilder auf den Spiegeln, bildet eine
in sich abgeschlossene Gruppe, welche sich der vorgeschriebenen Rund-
form in der Regel ungezwungen fügt. Die Anordnung der Gruppen pflegt
nach völlig malerischen Gesetzen zu erfolgen, nicht in der mehr plasti-
schen Sonderung der Figuren, welche für die Linearzeichnung (wie vor-
herrschend bei den griechischen Vasenmalereien) als die zunächst gebotene
erscheint, ein Umstand, welcher ein vorwiegend lebhaftes malerisches
Gefühl bezeugt.
Von den Wandmalereien etruskischer Gräber, dergleichen sich
vornehmlich in den Nekropolen von Tarquinii und von Ohiusi vorge-
funden, ist bereits früher (S. 89) die Rede gewesen und dabei auf die
Unterschiede zwischen solchen, die mehr dem schlicht hellenischen Typus
folgen und solchen, bei Welchen das einheimische Kunstgefühl sich in
einer mehr barock phantastischen Weise der Darstellung äussert, hinge-
deutet werden. Die Oomposition dieser Malereien, denen der besseren
gravirten Zeichnungen selten gleichkommend, pflegt in einer äusserst
schlichten friesartigen Weise gehalten zu sein, die Zeichnung ein gewisses
conventionelles Gesetz nicht zu iiberschreiten; auch die Ausführung ist
insgemein sehr einfach: lichte bunte Farben, die rein und unvermischt,
mehr mit Rücksicht auf eine allgemeine Harmonie der Töne, als mit dem
Streben nach Naturwahrheit, aufgetragen sind. Die Malereien einiger
Grotten tragen, bei einer Zeichnung völlig entwickelten Styles, das schon
oberflächlich handwerkliche Gepräge, Welches sie als Arbeiten später Zeit,
der der römischen Kaiserherrschaft, charakterisirt. Doch gewähren gerade
diese durch den, auf das Leben nach dem Tode bezüglichen Inhalt der
Darstellungen ein eigenthümliches Interesse.