Vierte Periode.
163
sich dem Kreise derartiger Darstellungen als selbständig (ihn-abgebildete
Meisterwerke an: ein todtwunder Gallier auf seinem Schilde (der soge-
nannte sterbende Fechter) im kapitolinischen Museum zu Rom, und
die Gruppe eines Galliers, der sein Weib und sich tödtet, um der Ge-
fangenschaft zu entgehen, (die sogenannte Gruppe von Pätus und Arria)
in der Villa Ludovisi zu Rom. Beide Darstellungen haben ein strenges
Pathos, aber nicht im allgemein üblichen hellenischen Sinne, sondern mit
entschiedener Herauskehnlng des geistigen und physischen Charakters
der barbarischen Nationalität. Es ist wiederum, und in ungleich mäch-
tigcrer Durchbildung als bei den Sculpturen des Harpagosdenkmals (S. 151)
der Blick für das historisch Reale und dessen Berechtigung zur künst-
lerischen Darstellung, was diesen Arbeiten ihre sehr eigenthümliche Be-
deutung giebt.
Relief des Notos vom Windethurm zu Athen.
Um die Mitte des zweiten Jahrhunderts wird eine verhältnissinässig'
umfassendere Kunstthätigkeit durch eine namhafte Zahl von Künstlern
bezeichnet. Zu ihnen gehört Polykles, vermuthlich ein Athener (von
einem älteren Meister desselben Namens zu imterscheiden). Ihm, wie es
scheint, wurde die vorzüglich gepriesene Statue eines Hermaphroditen
zugeschrieben, eines Gegenstandes, der den höchsten Reiz, zu welchem
die griechische Kunst getrieben ward, und damit zugleich die Stelleywo
sie zu kranken begann, bezeichnet. Der vermehrte künstlerische Betrieb
dieser Zeit scheint mit dem Beginn der glänzenderen Kunst-Unterneh-
mungen in Rom, zu denen einzelne Meister vielleicht selbst von Griechen-
land übersiedelten, zusammenzuhängenf
Werke derselben Zeit sind die Reliefbilder am WVindethurm zu
Athen, welche die acht Hauptwinde PGTSOIIlfIClTGII. Sinnreich in der
Eründlmg und dekorativ wirksam, sind sie in der künstlerischen Durch-
bildung nicht von erheblichem XVerthe.
Brunn,
Geschichte der
griechischen Kür
lstler,
539.