Vierte Periode.
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der übrigen sicilischen Architekturen dieser Zeit. Sodann ein gleich aus-
gedehnter Altar zuPari0n an der Propontis, von Hermokreon gehautß
Insbesondere scheinen auch gewisse, zu Delos vorgefundene Fragmente,
die als Ueberreste des berühmten sogenannten „hörnernen Altaresu be-
trachtet werden, hieher zu gehören: dorische Halbsäulen, mit Pfeilern
und knieenden Stieren über diesen verbunden, und G-ebälke mit Stier-
köpfen auf den Triglyphen. Es ist in diesen letzteren Compositionen
Etwas von persischem Einfluss, der nach der Eröffnung des Orients seit
Alexander d. Gr. nicht allzu befremdlich sein dürfte.
Endlich sind uns Berichte über verschiedene königliche Werke er-
halten, in denen die Kunst, theils für vorübergehende Zwecke, theils für
Unternehmungen des praktischen Bedürfnisses, allen Luxus ihrer Stoffe
und Formen ausgegossen hatte. Ein derartiges Werk war, schon unter
Alexander d. Gr., der kolossale Prachtbau des Scheiterhaufens des He-
phästion zu Babylon. Ein ähnliches der Goldwagen, in welchem die Leiche
Alexanders nach Aegypten geführt ward. Dann Prachtgezelte und Riesen-
schiffe, mit Allem ausgestattet, was eine verschwenderische Phantasie nur
zu ersinnen vermochte, Werke sicilischer und ägyptischer Herrscher des
dritten Jahrhunderts. Der Kunst war vielleicht nie wieder die Gelegenheit
geboten, mit so freiem Beherrschen ihrer glänzendsten Mittel eine so
willige Schmiegsamkeit unter alle Gebote grossartiger Laune an den Tag
zu legen; aber die staunenden Berichterstatter müssen selbst schon be-
merken, dass die Ausführung nicht überall dem Aufwande gleichge-
kommen sei.
CH
Für die Sculptur dieser Epoche kommt vornehmlich die Einwirkung
des Lysippos, dessen Schule beträchtlich in das dritte Jahrhundert hin-
einragt, in Betracht. Die vorzüglichsto bildnerische Thätigkeit gehört den
asiatischen Landen und Inseln an.
Zunächst ist die Schule von Rhodos zu erwähnen, an deren Spitze
Chares, ein Schüler des Lysippos, steht. Er fertigte für Rhodos ein
ehernes Kolossalbild des Sonnengottes, 70 Ellen oder 105 römische Fuss
hoch, welches 56 (oder 66) Jahre nach seiner Vollendung durch ein Erd-
beben umgeworfen ward. Zu ihm gesellten sich im Lauf der Jahre noch
hundert andre Kolossalstatuen, geringer als jene, aber jede für sich er-
staunlich. Eine so vielfach wiederholte Thätigkeit in Arbeiten grössten
Maassstabes scheint für die Richtung der Schule, für die Zeit überhaupt,
bezeichnend.
Ein erhaltenes (doch vielfach restaurirtes) Werk rhodischer Schule
dieser Zeit wenigstens wurde es im Alterthnm aus Rhodos nach Rom
versetzt ist die Gruppe des sogenannten farnesischen StierS im
Museum von Neapel, eine Arbeit des Apollonios und Taurikos aus
Tralles. ES stellt Amphion und Zethos dar, von denen Dirke, welche
1 Brunn, Geschichte der griech. Künstler,
Kugler, Handbuch der Kunstgeschichte. I.
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