Volltext: Handbuch der Kunstgeschichte (Bd. 1)

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hellenisehe Kunst. 
Die 
gerade sie von innerlichst antikem Lebensgefühl erfüllt ist, als ein mo- 
dernes Gegenbild der ionischen bezeichnet werden.  
Den ebengenannten reiht sich, als einer der bedeutendsten unter 
ihren Zeitgenossen, Timanthes von Kythnos an. Unter seinen Gemäl- 
den wird das Opfer der Iphigenia gepriesen, in welchem er bei den Um- 
stehenden die verschiedenen Grade der Theilnahme bis zur höchsten 
Steigerung, den Schmerz des Vaters aber durch gänzliche Verhüllung 
des Hauptes dargestellt hatte. In einem der pompejanischen YVandge- 
mälde (im Museum von Neapel), das übrigens den Stempel einer sehr 
mittelmässigen und befangenen Copie trägt, meint man eine, wenn auch 
freie Nachbildung dieses Werkes finden zu dürfen.  
Der ionischen steht die Schule von Sikyon gegenüber, deren Ent- 
wickelung aus den Bestrebungen der sikyonischen Sculptur hervorgegangen 
zu sein scheint. Ihr Hauptverdienst bestand, im Gegensatz gegen die 
Weichheit der Ionier, in einer wissenschaftlich strengen Durchbildung und 
in höchster Genauigkeit und Vollendung der Zeichnung, ohne dass hie- 
durch ein kräftiges, wenn im Ganzen auch ernsteres, Oolorit ausgeschlos- 
sen war. Der Begründer dieser Schule war Eupompos von Sikyon; 
der vorzüglichste Meister war dessen Schüler Pamphilos, der, soviel 
wir wissen, zuerst die Kunst auf eine entschieden wissenschaftliche Weise 
(wir können vielleicht sagen: akademisch,  d. l1. etwa, wie in der durch 
Leonardo da Vinci begründeten Akademie), lehrte. Ueber seine Bilder 
wissen wir wenig Näheres; eben so wenig über die eines seiner gerühm- 
testen Schüler, des Melanthios, der besonders in der Anordnung der 
(Gemälde als der vollendetste aller griechischen Künstler bezeichnet wird.- 
Zu den Künstlern dieser Richtung gehört ferner Euphranor, der 
schon als Meister der Bildnerei (als Vorgänger des Lysippos) erwähnt ist. 
"Sein Ruhm bestand vorzüglich in der feineren Durchbildung der Heroen- 
und Göttergestalten; den Gegensatz [seines Colorits gegen das der ioni- 
schen Schule bezeichnet die oben, bei Parrhasios, angeführte Aeusserung. 
Zu bemerken ist u. A. ein historisches Gemälde des Euphranor, das 
Reitergefecht der Athener bei Mantinea gegen Epaminondas vorstellend. 
 Aristides von Theben, um die Mitte des Jahrhunderts blühend, wird 
in rührenden und leidenschaftlichen Darstellungen gerühmt. Besonders 
bezeichnend für ihn ist ein Gemälde, in welchem er eine, bei Erstürmung 
einer Stadt verwundete Mutter dargestellt hatte, die sterbend noch ihren 
Säugling von der Brust abhielt, damit er statt der Milch nicht Blut sauge. 
 Von Echion, einem Zeitgenossen des Aristides, wird u. A_. das Bild 
einer Neuvermählten, welche durch den Ausdruck der Schamhaftigkeit 
eigenthümlich anziehend war, hervorgehoben. Man meint, eine freie Nach- 
bildung dieses Gemäldes in dem berühmten antiken Bilde der sogenannten 
aldobrandinischen Hochzeit (im vatikanischen Museum von Rom) zu finden. 
Dann gehört hieher Pausias von Sikyon, gleichfalls ein Zeitgenoss 
rdes Aristides. Charakteristisch für seine Richtung, sowie für die der 
Schule überhaupt, der er angehört, ist es zunächst, dass er als der erste 
bezeichnet wird, der die Felder der Zimmerdecken mit Malereien, zumeist 
mit "Knabengestalten, verziert habe. Eine dekorative Behandlung solcher 
Art setzt vorzugsweise ein feines Stylgefühl in der Zeichnung voraus.
	        
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