Zweibe Periode.
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Das Münzgepräge behält auch in dieser Epoche, zumal im eigent-
lichen Hellas, eine vorherrschend schlichte Behandlung. In Athen bleibt
man mit Absicht bei dem alterthümlieh strengen Symbol des Athenekopfes;
an andern Orten werden die einfachen Typen in mehr gemessener Weise
durchgebildet, wie bei der schönen Chimära der sikyonischen Münzen.
Am Meisten entwickeln sich wiederum die sicilischen Münzen zur künst-
lerischen Form; die von Selinus und Agrigent, die letzteren mit den
schönen Bildern der Skylla auf der einen und zwei Adlern über einem
Hasen auf der andern Seite, gehören zu den vorzüglichsten Beispielen
der Zeit.
rei.
Die Kunst der Malerei tritt mit dem Beginn dieser Epoche, und so-
fort in grossen und umfassenden Leistungen, hervor. Ihre Mittel sind
noch beschränkt, noch nicht zur selbständig eigenthümlichen YVirkung
ausgebildet, noch erst auf eine blosse Andeutung des Darzustellenden (in
Abhängigkeit von den formalen Gesetzen der Seulptur) hingewiesen. Um
so leichter aber ist es ihr,'sich in reicher Fülle auszudehnen, vielseitige
gedankenhafte Bezüge in der Verknüpfung mannigfaeher Darstellungen
zu entwickeln; Zugleich ersetzt ihr leuchtender Farbenschimmer wenig-
stens einen Theil des Reizes, dessen sie im Verhältniss zu der vollausge-
prägten Seulptur (bei welcher die Farbe auch im hervorstechenden Falle
immer nur von bedingter Wirkung sein konnte) entbehrt. So erfreut"
sich die Malerei, 0b auch erst in ihren Anfängen, der lebhaftesten Theil-
nahme von Seiten der Zeitgenossen; wird den ausgezeichnetsten Künst-
lern dieses Faches schon die ehrenvollste Anerkennung gewidmet.
Polygnotos, von der Insel Thasos gebürtig und in Athen einge-
bürgert, ist der erste grosse Meister dieser Kunst. Der Beginn seiner
namhaften Leistungen fällt noch in die Zeit Kimoirs, mit welchem er per-
sönlich befreundet war und durch dessen Veranlassung er etwa im Jahr
462 nach Athen gekommen zu sein scheint. Werke seiner Hand fanden
sich in verschiedenen Hallen und Heiligthümern in und ausserhalb Athens.
Von einer umfangreichen Arbeit, die er in der Lesche zu Delphi, einer
von den Knidiern gestifteten Halle, ausgeführt, ist eine ausführlichere
Kunde auf uns gekommen. 1 Hier hatte er, in sehr figurenreichen Dar-
stellungen, auf einer Wand das eroberte Troja und die Abfahrt der Grie-
chen, auf der andern den Besuch des Odysseus in der Unterwelt gemalt.
Diese Darstellungen zerlielen jede in eine grosse Anzahl neben- und un-
itereinander geordneter Gruppen; den einzelnen Figuren waren zumnö-
thigen Verständniss die Namen beigeschrieben. Perspeetivische. Combi-
nation konnte hierin noch so wenig erstrebt sein, wie malerische Gesammt-
Wirkung; auch genügte in der Modellirlmg des Einzelnen noch eine
conventionelle Andeutung; so dass für die Anschauung des Aufbaues und
scheint, welcher denn auch Kugler in den früheren Auflagen des Handbuches das
Werk zusprieht. W. L.
1 Pausalmius, X, 25-31. Vergl. Goethe, ges. Werke, 44, S. 95 u. A.