VIII
Vorwort.
dem ich mich selbst wiederum anschickte, die neue Bearbeitung vorzunehmen,
empfand ich, dass zugleich mein eigner Standpunkt, für die Auffassung der künst-
lerischen Dinge und ihrer historischen Entwickelung, seit jenen Jahren, in denen
ich die erste Auflage schrieb, ein in vielfacher Beziehung anderer und, wie ich
hoffe, ein festcrer, tiefer das Wesen dieser Dinge erfassend, geworden wer. Es
kam noch ein Umstand hinzu, welcher auf die Bearbeitung der neuen Auflage
von Einfluss war.
Die Abschnitte über die Architektur waren bisher, zum grossen Theile we-
nigstens, mit einer überwiegenden Sorge für das Einzelne behandelt worden; in
demselben Sinne fortgeführt, mussten gerade bei ihnen, durch die Fülle der neue-
ren baugeschichtlichen Forschungen, sehr umfassende Zusätze nöthig werden.
Zugleich aber konnte es mir nicht entgehen, dass eine derartige Behandlung, bei
den Grenzen, welche doch im Begriff des Handbuches lagen, schliesslich nicht
befriedigen konnte, dass gerade die Rücksicht auf das Einzelne eine über jene
Grenzen hinausgehende breitere Behandlung nöthig machen musste. Ich ent-
schloss mich, diesem Uebelstande in andrer Weise zu begegnen. Langjährige
Neigung zur Arohitekturgeschichte, die Aufsammlung vorbercitender Studien, die
fortschreitende Einarbeitung dessen in diese Studien, was über die Einzelheiten
des Faches in stets reicherer Folge erschienen war, gaben mir den Muth, die
Abfassung einer selbständigen „Geschichte der Baukunst" zu imternehmen.
Sie erscheint gleichzeitig mit der neuen Auflage des Handbuches.
Hiemit gewann ich für das letztere wesentliche Vortheile. Ich war im
Stande, das Architektonische strenger zusammenzufassen, das Einzelne desselben
(ohne zwar die nothwendige Rücksichtnahme darauf ausser Acht zu lassen) dem
Gesammtergebnisse mehr imterzuordnen und, was vorzugsweise von Bedeutung
ist, das Wechselverhältniss zwischen der Architektur und den bildenden Künsten
seinen inneren Beziehungen nach tiefer und gründlicher zu Tage treten zu lassen.
Eine durchgreifende Veränderung in der Anordnung war die Folge davon: in
der Geschichte der Baukunst durfte ich im Allgemeinen mehr den Gesetzen der
lokalen Gmppirung folgen, welche für die Eigenthümlichkeiten dieses Kunstfaches
grossentheils von so überwiegender Bedeutung sind; im Handbuch liess sich statt
dessen jene mehr periodische Gliederung der Hauptabschnitte, welche der allge-
meinen geschichtlichen Anschauung entspricht, in den Vorgrund stellen.
Andere Abweichungen von der Anordnung des Stoffes, welche früher maass-
gebend war„ bedingten sich durch die, zum Theil so tiefgreifenden historischen
Forschungen unsrer Tage, namentlich für die Friihepochen der Culturentwicke-
luug, durch die Lichtstrahlen, welche von ihnen aus bis in seither sehr dunkle
Kreise des künstlerischen Schaffens fortzuführen waren. In der Behandlung des
Stolfes glaubte ich vor Allem auf Uebersichtlichkeit, auf Gleiohmaass, soweit
dasselbe nach den vorhandenen Mitteln überhaupt zu beschaffen war, auf scharfe
Charakteristik im Allgemeinen und im Einzelnen, auf festen und gebundenen
Ausdruck hinarbeiten zu müssen. Ich habe es hiedurch erreicht, den soviel ver-
mehrten Stoff doch in den Grenzen eines Handbuches zusammenzuhalten. Ich
darf es voraussetzen, dass die angestrebte Kürze der Fassung dem Studium des