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Die hellenische Kunst.
Korinth. Die Ausführung scheint jedoch sehr langsam erfolgt zu sein.
Die bis jetzt bekannt gewordenen Reste verstatten kein genügendes Urtheil.
Von dem gefeiertsten Tempel Klein-Asiens haben wir nur nach-v
richtliche Kunde. Es ist der Arthemis-Tempel von Ephesos, der gösste
des gesammten hellenischen Alterthums. Sein Bau begann ebenfalls um
die Mitte des sechsten Jahrhunderts. Baumeister waren Chersiphron
(oder Ktesiphon) und sein Sohn Metagenes. Das Tempelhaus war von
zwiefacher Säulenstellung umgeben; die Architektur war ionisch; die Säu-
len, 60 Fuss hoch, bestanden zum Theil aus einem Stück. Von dem
Tempel der Hera auf der Insel Samos, vermuthlich von einem Bau,
welcher in der zweiten Hälfte des sechsten Jahrhunderts unter Polykra-
tes ausgeführt wurde, haben sich geringe Reste erhalten. Es sind be-
sonders ionische Säulenbasen von hoher, sehr straffer Hauptform und fei-
ner spielender Detaillirung. Sie machen (nächst jenen lycischen Felsfaga-
den, S. 94) das einzige erhaltene Stück altionischen Baustyles aus, he-
zeichnen jedoch die Richtung desselben in sehr charakteristischer Weise.
Sehr alterthümlich erscheinen ferner die Reste eines "dorischen Tem-
pels zu Assos (südlich von Troja). Die Formen haben noch etwas Un-
entwickeltes, und auffälliger Weise ist der Architrav, der als wesentlicher
Theil des architektonischen Gerüstes in der hellenischen Architektur sonst
von aller Sculptur frei bleibt, hier mit solcher bedecktß
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Die historischen Notizen über die bildende Kunst im Beginn dieser
Periode deuten wiederum noch auf einen Zusammenhang mit orientalischer
Kultur. Sie gehören den östlichen Gegenden, namentlich den Inseln der
kleinasiatischen Küste an und bezeichnen einen lebhaften Betrieb in der
Fertigung von Erzarbeiten. Zum grossen Theil handelt es sich dabei um
prächtige Tempelgeräthschaften oder Weihegaben in der Form grosser
Gefässe, die aus Werthvollem Metall gearbeitet waren. Als namhafte
Meister werden Rhoekos und Theodoros von Samos genannt, denen
man die Erfindung des Erzgusses zuschrieb, und Glaukos von Chios,
der das Löthen des Eisens erfunden haben soll.
In der ersten Hälfte oder um die Mitte des sechsten Jahrhunderts
erscheinen zwei gemeinsam arbeitende Meister, Dipoenos und Skyllis
aus Kreta, deren Arbeiten und sonstige Wirksamkeit mit grösserer Ent-
schiedenheit ein künstlerisch persönliches Hervortreten erkennen lassen.
Sie waren im Peloponnes, namentlich zu Arges und Sikyon, thätig und
bildeten eine bedeutende Kunstschule. Unter den Zöglingen der letzteren
werden besonders Künstler aus Sparta aufgeführt. Die Gegenstände der
Darstellung waren, ausser einzelnen Götterbildern, umfassende Statuen-
1 Sofern nämlich die Angabe,
angehörten, völlig begründet ist.
dass
die
betreffenden Reliefs
dem
Arch
itrav