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hellenisohe Kunst.
Die
Die alterthiimlichsten Reste dorischer Architektur finden sich auf Si-
cilien.
Zu Syrakus ein Paar Säulen von dem Tempel der Artemis auf der
Insel Ortygia, die bei sehr stämmigern Verhältniss und enger Zwischen-
weite mit mächtig ausladendem Kapitäl versehen sind und einen schwe-
ren Arehitrav tragen. Besonders zu bemerken ist, (lass die Schäfte der
Säulen, der altägyptisehen Einrichtung noch analog, je 16 Kanäle haben.
Aehnlich, doch etwas minder stämmig, ein Paar Säulen von dem "dor-
tigen Tempel des olympischen Zeus.
Zu Selinunt die Trümmer von drei Peripteral-Tempeln dieser Pe-
riode. Der alterthümlichste ist der mittlere Tempel des westlichen Hü-
gels, mit ebenfalls stämmigen, aber sehr kräftigen Säulen und einem
Gebälke, dessen Höhe fast der Hälfte der Säulenhöhe entspricht. Die
Säulenschäfte der Vorderseite ebenfalls noch mit sechzehn Kanälen. Im
Gebälk mancherlei Abnormitäten, die Metopen noch eng, die Mutulen
schwer vorragend und über den Metopen nur halb so breit als über den
Triglyphen. Höchst alterthümliehe Metopenreliefs. Der nördliche Tem-
pel des westlichen Hügels in ähnlichem Style. Der mittlere Tempel
des östlichen Hügels in der Last des Ganzen und in dem Kraftaufwande
zum Widerstände gegen diese Last, z. B. in der starken Verjüngung der
Säulen und dem ,weit vorquellenden Echinus des Kapitäls, noch auffälli-
ger, doch nicht mehr in völliger Naivetät des architektonischen Gefühles.
Dabei zugleich Einzeltheilc, wie die Mutnlen, in einer absichtlich leich-
teren Behandlung der noch alterthümlichen Form; zugleich besonders
reichlich schmückende Zuthaten. Das Ganze charakteristisch für den
Schluss der alterthümlichen Periode, somit der früheren Zeit des fünften
Jahrhunderts zuzuschreiben. Metopenreliefs eben dieser Epoche.
Zu Agrigent die Reste des sogenannten Heraklestempels, eines Ge-
bäudes, in welchem sich ganz ähnliche Stylverhältnisse, wie bei dem eben-
genannten zeigen. Somit gleichfalls dem fünften Jahrhundert angehörig.
Andres Sicilianische fällt, wie auch die Monumente von Grossgrie-
chenland; in eine spätere Zeit.
In Hellas gilt der zu Korinthbefindliche Rest eines dorischen
Peripteral-Tempels als Denkmal einer vorzüglichst frühen Zeit. In der
That sind die Säulenverhältnisse derber als bei irgend einem andern Ge-
bäude der Art; auch ladet der Echinus des Kapitäles iveit, in vorquel-
lender Linie aus; doch haben die Ringe unter dem Eehinus schon, der
charakteristisch alterthümlichen Gefühlsweise widersprechend, eine eigen
leichte Prbülirung. Vom Gebälk ist ausser dem Architrav nichts vor-
handen.
Vorzüglich bedeutend sind die Reste eines Athene-Tempels, ebenfalls
eines dorischen Peripteros, auf der Insel Aegina. Hier zeigt sich, in
den Verhältnissen und in der Formenbildung, bereits eine wesentlich ge-
läuterte Durchbildung des Dorismus. Der Gesammteindruck ist der eines
schon ungleich mehr gemässigten Kraftaufwandes. Wesentlich Alterthiim-
liehes spricht nur noch aus der grösseren Schwere der Zwischenglieder.