Die hellenische Kunst iJi
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ildung.
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Wfe. es ohne Zweifel schon bei der letzteren, aus einfach materiellen
(xrundcn, der Eall war durch volltönigen farbigen Anstrich hervorge-
hoben; hiemit lIl Ueberelnstimmung eine an Einzeltheilen des Gebälkes
und an Gesimsen fortgeführte farbige Dekoration.
Der ionische Bau weicher in der Form, leichter in den Verhält-
lussen, freier in der Durchbildung, mit entschiedener Aneignung altasia-
tlscher Elemente, zugleich aber mit künstlerisch gereinigter Ausprägung
der letzteren. So namentlich bei der Säule, die mit einer elastisch ge-
formten Basis und dem kunstvoll gegliederten, reich belebten Voluten-
kapitäl versehen ist. Der Architrav mehrtheilig, wie im Orient; die
vertretenden Querhölzer der Decke (ähnlich wie auch dort mehrfach) zur
leichten spielenden Dekorativform .der sogenannten Zahnschnitte umge-
bildet. Die letzteren ursprünglich, wie es scheint (die lycisch-ionischen
Architekturen geben den nächsten Beleg', indem es im Uebrigen an hin-
reichenden Beispielen altionischer Behandlungsweise fehlt unmittelbar
über dem Architrav; bei Einführung des Frieses theils beseitigt und durch
ornamentale Gesimsglieder ersetzt, theils (bei der jüngeren Wiederauf-
nahme des alten Motivs) oberhalb des Frieses eingefügt. Die Gliederungen
Weich, mit reicherem, zumeist sculptirtem Ornamente versehen.
Die bildende Kunst war zunächst der Darstellung jener mensch-
lichen Götter und den Sagen, welche von dem Leben der Götter und
Von dem der Heroen der Vorzeit Kunde gaben, zugewandt. Es sind die
Vermächtnisse aus den Jugendtagen der hellenischen Stämme, was ihren
Inhalt, es ist die Entfaltung eines freien, von dem Wandel der Gegenwart
unbedingten Lebens, was ihre Aufgabe bildete. Die Sagen waren man-
nigfaltig, wie die Stämme des hellenischen Volkes; sie gaben Veranlassung
Zu verschiedenartig charakteristischer Darstellung; sie wurden nicht selten
mit besonderem Bezuge auf örtliche und zeitliche Verhältnisse behandelt;
aber das Wesentliche der Darstellung blieb jene Erfüllung höchster Le-
bensbedingnisse, von dem zufällig Besonderen in Zeit und Ort absehend.
Dann wurde auch das Gegenwärtige, Gestalten und-Vorkommnisse des
Tages, in den Kreis der Darstellungen gezogen, doch wiederum aller An-
deutung des VVandelbaren und Vorübergehenden entkleidet, als ein Eben-
bürtiges zur Seite der Freiheit heroischer Existenz. Vornehmlich den
Siegern in den heiligen Kampfspielen wurden an geweihter Stätte Ge-
dächtnissbildei- gesetzt, aber nicht zur Erinnerung an die Besonderheiten
ihrer persönlichen Gestalt, vielmehr als Denkmal jener glücklichsten Ent-
faltung der Lebenskraft, welche an ihnen zur Erscheinung gekommen
war, welche das Leben der Gegenwart zum Wetteifer mit den Tagen des
Heroenthums befähigte.
Die bildende Kunst der Hellenen wendet sich, ihrer Aufgabe wie
ihrer Aeusserung nach, von der urkundlich historischen Darstellungsweise
der ägyptischen und der altasiatischen Kunst, welche das Besondre und
Zufällige der gegenwärtigen Existenz zu bewahren bemüht ist, mitdilnt-
schiedenheit ab. Für sie hat, ob auch unter den Formen ihrer heiligen
Tradition, nur das Allgemeingültige einen Werth. Ihr Zweck 1st, das
Gesetz des individuellen Lebens in seiner höchsten Wahrheit und Voll-
endung zur Darstellung zu bringen. Sie ist dabei, nach den Einzelbe-