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xpitel.
Grix
Baukunst.
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In diesen Eigenschaften allein ist es zu suchen, dass griechische Bil-
dung, griechische Kunst bei aller fest ausgeprägten nationalen Form doch muingßltioi
eine Allgemeingültigkeit hat, welche sie zum unerreichten Vorbilde alles
Dessen, was naturgemäss, einfach, wahr und schön ist, für alle kommenden
Zeiten und Völker gemacht, welche ihr vorzugsweise den Ehrennamen der
klassischen erworben hat. Auch die Inder, Aegypter, Perser hatten ihre
Baukunst als eine wesentlich nationale ausgebildet. Aber jene nationalen
Charaktere waren zu einseitig beschränkt, als dass sie in ihren Werken
maassgebend für andere Völker, für künftige Culturepochen hätten sein
können. Erst bei den Griechen war dies eben wegen ihrer harmonischen
Anlage, ihrer allseitigen, echt menschlichen Bildung der Fall. Desswegen
trügt bei aller Gemeingültigkeit die griechische Architektur "doch am mei-
sten das Siegel freier Individualität an der Stirn; desswegen hat sie auch
zuerst eine eigentliche innere Geschichte. Zwar erscheint gegen jene nach
Jahrtausenden zählenden Culturen der älteren Völker die Zeit des Griechen-
thums äusserst kurz. Aber sie durchläuft auf {engem Raume einen weiten
Kreis von Entwicklungsstufen und bezeugt die Wahrheit , dass der Werth
des Daseins nicht nach der Länge der Zeitdauer, sondern nach der Tiefe
des schöpferisch lebendigen Inhalts gemessen werden muss. x
Wir haben nun, um zur Betrachtung der griechischen Kunst zu ge-
langen , die Nebel einer Vorzeit zu durchlaufen , deren Denkmäler zu den
eigentlich griechischen Schöpfungen sich ungefähr so verhalten, wie jene
als Vorstufen bezeichneten asiatischen und ägyptischen Werke. In dem
ganzen Länderbereiche, welcher nachmals durch die hellenische Oultur
berührt wurde, auf dem Boden der eigentlichen Hellas, an den Küsten
Kleinasiens wie auf den zwischenliegenden Inseln und selbst auf italischem
Gebiete , finden wir Denkmäler einer urthümlichen Bauweise, welche auf
eine in vorgeschichtlicher Zeit gemeinsame Culturentfaltung in diesen Län-
dern des Mittelmeeres hindeuten. Diese gewaltigen Werke, deren Compo-
sitionsweise und Formgefühl von dem des späteren historischen Helenen-
thums so weit abweicht, werden auf das Urvolk der Pelasger zurück- Pelusger.
geführt. Man hat unter diesem Namen die Gesammtbezeichnung für jene
Völkerstämme zu verstehen, welche, durch gemeinsame Abstammung ver-
buuden, aus ihren Sitzen im Inneren Asiens hervorgingen und sich in lang-
Samem Zuge über die das Becken des Mittelmeeres umgürtenden Länder
ergossen. Noch in den Schilderungen Homerischer Poesie lassen sich die
Nachklänge jener alten Culturzustände erkennen, und manche deutliche
Spuren darin weisen auf eine Verwandtschaft mit der Kunst Vorder-
asiens hin.
Ohne der öfter bei HOIIICY CTWähIIiGII Grabhügel gefallener Helden Kyklßvisrliß
ausführlicher zu gedenken, die uns die primitive Form des Tumulus vor- Mmmlh
führen, sei hier an die Reste uralter Städtemauern erinnert, welche bei den
Griechen selbst Verwunderung erregten, und wegen ihres fremdartigen
Ansehens den Namen kyklopis ehe Mauern erhielten Das Wesent-
liche dieser Reste, deren man zu Arges, Mykenae, Tiryns und in
Kleinasien zu Knidos , P ätß-Yä , A s s os und an anderen Orten antrifft,
W. Gell. Probestücke vml Süldlßmaußrn des altuu Griechenlands. München
hubuud. Denkmäler der Baukunst. B11. I. Huznburg 13.12.
J. Guil-