Erstes Buch.
Tempel vu
K arnak.
höchster Blüthe sich erhob. Den Glanzpunkt dieser durch Jahrhunderte
sich hinziehenden Epoche bildet Ramesses II, Miamun, auch Ramses der
Grbsse genannt, der den ägyptischen Namen bis in Asien hinein furchtbar
machte. Unzählige 'l'r1'immermassen, die an Umfang und lNIassenhaftigkeit
wohl unerreicht dastehen, zeugen noch jetzt von den kolossalen Bauunter-
nehmungen jener Dynastien. Theben, von den Alten das vhundertthorigea
genannt, lag an einer Stelle des Nil, wo der Strom in einer Breite von 1300
Fuss sich majestätisch durch die Ebene wälzt, die hier in weiterer Entfer-
nung von den-begleitenden Gebirgszügcn eingefasst wird. Die Ausdehnung
der Stadt maass nach der Länge wie nach der Breite zwei Meilen. Das ganze
Gebiet der ehemaligen Stadt wird jetzt durch die Ueberreste zahlreicher
Tempel und anderer mächtiger Gebäude bedeckt. Sie führen gegenwärtig
nach den elenden Dörfern, die sich mit ihren armseligen Hütten in die
Ruinen uralter Pharaonen-Herrlichkeit eingenistet haben, den Namen.
Das durch Alter und Grossartigkeit hervorragendste Denkmal ist der
auf dem östlichen Nilufer gelegene Tempel von Karnak , ._in welchem man
den berühmten Ammonsternpel wiedererkannt hat. Eine Reihe von Herr-
schern hat an diesem Monumente gebaut, das ein Palladium des neuen
Reiches gewesen zu sein scheint. Eine Doppelallee von riesigen Widder-
sphinxen führte nach dem Hauptportalc. Dieses öffnete sich über 60 Fuss
hoch, zu beiden Seiten von einem Pylon eingeschlossen, der bei 336 Fuss
Breite sich 138 Fuss hoch erhob. Durch die bronzenen"Flügelthüren des
Hauptportales gelangte man in einen ungeheueren Vorhof von 270 Fuss
Tiefe und 320 Fuss Breite. Eine doppelte Säulenreihe leitete den Nahenden
durch diesen Vorraum zu einem zweiten Pyloncnthor von noch weit kol0s-
salerer Anlage. Durch dieses gelangte man zu einem Säulensaale , der die
riesigste aller Vorhallen bildet, den Inschriften nach von Sethos I. begonnen
und von dessen Nachfolgern im Laufe des 14. und 15. Jahrh. v. Chr. be-
endet] Er misst 320 Fuss Breite bei 164 Fuss Tiefe. Seine gewaltige
Steindecke wird von 134 Säulen getragen, deren jede eine Höhe von 40
und einen Umfang von 27 Fuss hat. Doch nimmt auch hier eine Doppel-
reihe die Mitte ein, um den Zugang in der Axenriehtung des Gebäudes
weiter zu bezeichnen. Ihre einzelnen Säulen erhoben sich 06 Fuss hoch
bei einem Umfange von 38 Fuss, so dass die mittlere, höher gelegene Stein-
bedachung des Saales auf Kapitälen ruhte, deren Umfang (34 Fuss Inaasg,
Alle Säulen und Wandtlächen dieses ungeheueren Saales waren mit bunt-
bemalten Reliefs einer Riesenehronik der Pharaonen geschmückt.
Die mittlere Säulenreihe führte auf ein drittes Pylonthor von ebenfalls
kolossaler Anlage , durch welches man in einen schmaleren, freiliegenden
Hof trat. Dieser schloss den eigentlichen Kern des Tempels ein, der wie-
derum von einem vierten Pylon und einer damit verbundenen Umfassungs?
mauer begrenzt wurde. Vor diesem Pylon erhoben sich zwei von Thutmes I.
errichtete granitne Obelisken, der eine 00, der andere 69 Fuss hoch. In der
Axe des Gebäudes weiter sehreitend, gelangte man in eine LIenge schmaler,
niedriger, theils unbedeckter, theils bedeckter Räume, die, schachtelartig
in einander gebaut, durch Gange und Pforten in Verbindung standen, durch
Pfeilergalerien geschmückt waren. Eine Menge anderer Gemächer und
säulengetragener Säle mit karyatidenzirtigen Kolossen, Corridoren und Gän-
gen schlossen sieh hier zu beiden Seiten und nach hinten an, grossentheils