Viertes Kapitel.
Kleinasiatische Baukunst.
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erhebenden, unseren Koffern am meisten zu vergleichenden Sarkophag.
Auch hier lässt sich die bewusste Nachbildung der Holzconstruction nicht
verkennen, die selbst im Inneren das Balkengefüge deutlich naehahrnt. Die
vorzüglich charakteristische Form erhalten diese Denkmäler durch den als
steiles, gebogenes Giebeldach gestalteten Deckel, an welchem das Balken-
und Lattenwerk des Holzbaues charakterisirt wird. Auf dem Gipfel erscheint
ein bekrönendes Glied, an den Seiten werden knaggenartige Vorsprünge
ausgemeisselt und manchmal als Löwenköpfe gestaltet".
Die andere Gattung der lyeischen Gräber, Welche sich durch vollstän- GYRlJfHQQLlQTI.
dige Felsfaeaden charakterisirt, ahmt die Holzconstructionen des Block-
hausbaues nach (Fig. 23 a). Die nach oben gekrümmten oder an den Enden
verstärkten Zangen der Schwellen, das ganze Balkenwerk mit allen Einzel-
heiten des Holzverbandes, mit den Rahmen, Pfosten, Riegeln und Kämmen,
das Alles ist mit so selavischer Genauigkeit in den Felsen übersetzt, dass
man versteinerte Blockhäuser vor sich zu sehen glaubt. Nach oben sind sie
entweder horizontal geschlossen, oder durch einen vorspringenden Giebel
bekrönt, unter welchem in decorativer Weise eine Art von Gesims in Form
vorspringender, dicht an einander gereihter Querhölzer erscheint. Solche
Grabfacaden Endet man bei den meisten altlyeischen Ortschaften, so zu
Myra, Telmissos, Xantlios, Phellos, Antiphellos u. A., oft
massenhaft über und neben einander eine hohe Felswand bedeckend.
Haben wir an all diesen kleiuasiatisclien Werken zwar einen lebendig IßHiSCh-lyvi-
erwachten Kunstsinn kennen gelernt, der aber theils über die primitivste
Form der Bethätigung nicht liinauskani, thcils in den Fesseln einer mecha-
nischen Nachahmung gefangen blieb, welche, weil ihr diebei allem tektoni-
schen Schaffen so unerlässlichen Grundbedingungen des bestimmenden
Pi". u Materiales fremd waren, es nur zu
(Q jäh, xrw I" Werken _von untergeordnetem und
,m1fjti'f._li' "r xi zwar lediglich decorativem Werthe
brachte, so werden wir nun einer Reihe
verwandter Denkmäler, ebenfalls auf
lylrleiscläem äodeg, begegnen, in wer]-
ßi-ß. 4;! l." Ü .1, 1h c en, ei a em esthalten an ewissen
heimischen 'l'raditi0nen, doehgein Ele-
ment höheren künstlerischen Gestal-
W tens her-vertritt. _Hierin haben wir
b " Ohne Zweifel Einflüsse der benach-
Qqtfgäl] 13 "W33. " bartell, Schon damals auf einer ver-
g " hältnissmässig hohen Culturstufe ste-
1' ritt? lienden ioniselien Griechen Kleinasiens
f 1 zu erkennen. Die Anlage dieser Grab-
, "z; denkmäler schliesst sich im Wesent-
lieh d h "h F ls-
M" 611 en vor er erwa nten er
7"'lj x x x) n; grotten an, nur dass die 14 acade sich
Ioniseli-lycische Grabfagade. Telmissos. durfzh Aufnahme des säulenbaues
völlig anders gestaltet. Sie sind ent-
Weder kräftig im Relief ausgemeisselt oder erweitern sich, bedeutender vor-
SPYingend, zu vollständigen Portiken (Fig. 24). Auf kräftigen Eekpfeilern
und zwei von ihnen eingeschlossenen Säulen ruht das Dach mit seinem