Volltext: Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart ; mit 448 Holzschnitt-Ill.

Erstes Buch. 
Behandlung der Säulenstämme, die weiche Formation der Basen, das drei- 
theilige Gebälk, die Perlenschnürc an Kapitälen und Gesimsen, endlich die 
Kapitäl-Voluten. Selbst die barbarische Anwendung letzterer, die nicht 
liegend, sondern aufrecht stehend behandelt sind, erklärt sich daraus, dass 
ein nicht eigentlich künstlerisch geartetes Volk in einer Periode beginnen- 
der Ueppigkeit jene Motive entlehnte, um sie in eigenwilliger, durchaus 
unconstructiver, aber phantastisch-pikanter Weise zu benutzen. Dies wurde 
ermöglicht durch die leichte Beschaffenheit des Oberbaues, in dessen Holz- 
construction wir eine den vorderasiatischen Völkern gemeinsame Eigen- 
thümlichkeit zu erkennen haben. Es erinnert dieselbe, gleich dem von den 
Schriftstellern berichteten Teppichverschluss der Wände, an Urzustände der 
Cultur, an ein Nomadenleben in beweglichen Zelten, dessen Nachklänge 
die Prachtarchitektur der Spätzeit, durch die Milde des Klimas begünstigt, 
festhielt. Die Form der bekrönenden Gesimse scheint dagegen ein von 
Aegypten übertragenes Motiv zu sein, welches man in einer dem heimischen 
Gefühle zusagenden Weise umbildcte. Historische Bestätigung findet die 
Ansicht von der Entlehnung fremder Formen sowohl durch die späte Dati- 
rung der persischen Denkmäler, als auch durch das Zeugniss Herodots von 
dem Charakter jenes Volkes , den er als einen für Fremdes besonders em- 
pfänglichen darstellt.  
Dagegen fehlt es auch nicht an besonderen persisch-nationalen Ele- 
menten. Dahin rechnen wir die überaus grosse graziöse Schlankheit der 
Säulen, das heiter Prächtige der weiten Terrassen, die Form des Einhorn- 
kapitäls und im Allgemeinen die Art der Empfindung, in welcher die ent- 
lehnten fremden Motive aufgefasst und umgewandelt wurden. Dass alle diese 
Elemente nicht in consequenter, organischer Weise verbunden, dass auch in 
constructiver Hinsicht kein einheitliches System errungen wurde, bildet 
den Grundzug und zugleich die Schwäche dieses Styles. So brachten auch 
in politischer Beziehung die Perser es nicht zu einer staatlichen Einheit. 
Ihr Despotismus war ein Amalgam der verschiedensten Völker, die beim 
Mangel eines centralisirenden, staatbildenden Gedankens nur lose verknüpft, 
nicht zu einem Körper verschmolzen waren.
	        
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