Drittes Kapitel.
Persische Baukunst.
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wcsen, scheint jedenfalls mit dem Pomp des Hofes zusammenzuhängen.
Aus der freien, grossartigen Anlage des Ganzen, sowie besonders aus dem
Inhalt der Reliefdarstellungen darf man mit hoher XValn-scheinlichkeit
schliessen, dass dieser verschwenderische Bau gewissen feierlichen Cere-
monien , Tributdarbringungen und Völkergesandtsclmaften als Schauplatz
diente, dass in ihm die königliche Würde sich gleichsam architektonisch
repräsentirte, dass er, im Stammlande Persis gelegen und in unmittel-
barer Verbindung mit den alten Grabstätten der Könige, ein Nationalheilig-
thum war.
Was den Baustyl anlangt, so ist die terrassenartige Anlage zunächst Styl.
bemerkenswerth. Doch hat sie weder das Wüst-Verworrene indischer
Pagoden, noch das Gedruckt-Schwere babylonischer Pyramiden: frei und
heiter stellt sie sich dar in freier, heiterer Naturumgebung, imponirend
durch ihre riesige Ausdehnung, aber erhebend durch das Anmuthig-Edle
ihrer Durchbildung. Sodann ist die schlanke, luftige Form der Säulen be-
sonders charakteristisch. Bei 55 Fuss Höhe haben sie kaum 4 Fuss im
unteren Durchmesser; den straffen, etwas verjüngten Stamm umgeben rin-
neuartige Vertiefungen (Kanelluren) , die, wie in der griechisch-ionischen
Architektur, durch Stege getrennt sind. Die Basis besteht aus einem oder
mehreren runden Wulsten, zu-denen ein geschwungener, mit Lotosblättern
besetzter, sehr schlanker Ablauf sich gesellt. Das Kapital wird grösstentheils,
wie bei den Facaden der oben betrachteten Felsengräber, aus zwei Stieren
oder Einhörnern gebildet, zwischen deren Rücken man sich das Gebälk des
Oberbaues zu denken hat (Fig. 19). Diese Form , obgleich ziemlich phan-
tastisch, hat nicht allein etwas symbolisch Bedeutsames, sondern musS
auch für das feste Zivischenaufliegen der Balken höchst zweckrnässig ge-
wesen sein. Bizarr und unpraktisch zugleich erscheint dagegen eine andere
Form (Fig. 20), die sich banchig zusammenzieht, am oberen engeren Ende
von einem Bande zusammengefasst und ganz von herabfallenden Lotos-
blattern bedeckt. Darüber folgt ein kelehförmig aufknospendes Glied, mit
Perlensehnüren deeorirt, auf welches endlich ein seltsam mit aufrecht-
stehenden Schnecken (Voluten) gezierter Theil sich legt. Dies Ganze hat e
etwas Zerbreehliches, Unsolides. Dass das auf den Säulen ruhende Gebälk
sammt denl übrigen Oberbau ohne Zweifel kein steinernes, sondern nur ein
hölzernes, wahrscheinlich reich mit kostbarem Metall umkleidetes war,
beweist die ungemeine Schlankheit der Stützen und der weite, an 30.Fuss
betragende Abstand derselben von einander. Zudem hat man keinerlei
Spuren eines steinernen Oberbaues auffinden können, und selbst der Ver-
schluss der Hallen scheint nur durch ausgespannte Teppiche bewirkt worden
zu Seim ßie Portale und Thüren haben eine rechtwinklige Umfassung, die
durch ein kräftig wirkendes Gesims bekrönt wird. Ueber einem schmalen,
mit dem Perlenornamente bekleideten Heftbande erhebt sich eine hohe,
stark vertretende Kehle, mit mehrerenzReihen von Lotosblättern geschmückt
und durch eine Platte überdeckt.
Fragt man nach der Entstehung der persischen Architektur, so scheint Fremde Ein-
es unleugbar, dass starke Einwirkungen des griechisch-ionischen Styles,
wie er in Kleinasien sich ausgebildet hatte, stattgefunden haben- Dafür
Sprechen das steinerne Giebeldach" am Grabmal des Cyrus, sowie die