Drittes Kapitel.
Renaissance in den übrigen Ländern.
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lieh üppigen Schöpfungen, welche Maurisches, Gothisches, Antikisirendes
mit keckem Sinn vermischen und daraus einen neuen Decorationsstyl, den
sogenannten Plateresken (Goldschmiede-) Styl, von hohem phanta-
stisch-poetischen Reiz, voll frischen, strömenden Lebens erzeugen, erkennt
man den Reflex der glänzenden Blüthe jenes Landes zur Zeit Karl V. Es
pulsirt ein Hauch derselben glühenden Leidenschaft darin, der so_ hinreis-
send aus Murillds Gemälden uns ergreift. Den höchsten Luxus, mit wahr-
haft unglaublichen , stets auf's Neue überraschenden Combinationen , hat
dieser Styl in den Säulenhöfen der Paläste und Klöster entfaltet, während
man gleichzeitig und noch bis in's 16. J ahrh. bei Kirchenbauten mit gutem
Bewusstsein am gothischen Styl festhielt, wie es die Kathedralen zu Sala-
manca vom J. 1512 und zu Segovia von 1525 beweisen. Das Collegium
S. Gregorio zu Valladolid, das Hospital S. Cruz _zu Toledo, der
Kreuzgang von S. E n gr a c i a zu S ar a g o s s a sind Beispiele solcher klöster-
lichen Bauten. Von Palästen nennen wir den Palast Infantado zu Gua-
dalaxara, die Casa de Miranda zu Burgos, den Palast Monterrey
zu Salamanca.
In der Folgezeit drang die italienische Architektur unter dem Namen
des kl a s si s c h e n S ty le s ein, der jedoch einen eigenthümlich düster-
feierlichen Charakter annahm. Aus Karl V. Zeit gehört hierher der unvoll-
endet gebliebene Palast neben Alhambra" zu Granada, aus Philipp II.
Tagen das grossartige Kloster S. L orenzo im E scorial, erbaut von
1563 bis 1584- , aus dessen gewaltigen, ernsten Massen der finstere Geist
seines königlichen Erbauers spricht.
Auch in Frankreich?) tritt eine Frührenaissance auf, die jedoch
dem glanzvollen Reichthurn der spanischennicht gleichkommt, dagegen
die Grundzüge der vgermanischen Renaissanceu scharf und pikant ausprägt.
Manche Bauten zeigen hier die Vermischung gothischer und antikisirender
Formen in origineller Weise. Eins der brillantesten Beispiele dieser Art
ist die 1532 begonnene Kirche S. Eu stache zu Paris. Unter den Schloss-
bauten verdient besonders das malerisch reiche Schloss zu Chamb ord,
seit 1523 erbaut, Erwähnung. Hier tritt besonders das hohe mittelalter-
liche Dach, die reiche, mannichfaltige Thurmanlage, das bunte Spiel wun-
derlich geformter Kamine mit den antiken Decorationsformen in eine eben
so naive als pikante Verbindung. Eine entschiednere Aufnahme des
italienischen Styles wurde indess schon seit Franz I. angestrebt, und vor-
züglich in den königlichen Bauten weitergebildet. Einer der ausgezeichnet-
sten Architekten dieser Richtung ist Pierre Lescot (1510-1575) , der seit
1541 die stattliche We stfacade des L ouvrehofes aufführte; sodann
Jean Bullant mit seinem um 1540 für den Connetable de Montmorency in
streng antikisirendem Sinn erbauten Schlosse zu E couen, von dem wir
unter Fig. 445 einen Theil vom Porticus des Hofes beifügen; auch Phili-
bert Delorme (f 1577 oder 1578), der 35118 für Diana von Poitiers das
Schloss Anet, und später, 1564, mit Bullant die Tuilerien begann,"
gehört hierher. Letztere (vgl. Fig. 446) zeigen die antike Formbildung be-
reits in der vollen Entartung des sinkenden Styles , wie besonders die
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