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Sechstes Buch.
Poterskim
J. 1536, deren Faeade (Fig. 434-) mit ihren Halbsiiulen, kräftigen Gesimsen
und verschwenderischer plastischer Ausschmückung zu den glanzvollsten
Schöpfungen der Profanarchitektur gehört. Sie nimmt den offenen Hallen-
bau venetianischer Palastarchitcktur in zwei Geschossen von ansehnlicher
Höhe auf, verbindet ihn aber in brillanter Entfaltung mit der antikisirenden
Wandgliederung des entwickelten römischen Styles. All das reiche Leben
dieses prunkvollen Schaustückes klingt zuletzt in der oberen Dachbalustrade
mit ihren Obelisken und Statuen wirksam aus. Wenige Jahre früher (l 532)
baute er den Pal. C orner (della ca grande), ein Erdgeschoss mit kräftiger
Rustica, auf welchem zwei Stockwerke mit gekuppelten Säulen und Bogen-
fenstern sich erheben. Strebt hier Alles nach wirksamster, reichster Ent-
faltung, so tritt an der Zecca und den Fabbriche nuove (seit 1555),
den praktischen Bedürfnissen gemäss, eine schlichtere Behandlung in tüch-
tiger Derbheit hervor. Eine Nachwirkung der Bibliothek erkennt man end-
lich an den von Scamozx-i 1584 erbauten Pro curazie nuove, nur dass
den beiden unteren Geschossen ein drittes aufgesetzt ist, wodurch die bei
aller Pracht leichte hallenartige Wirkung sich abschwächt. So übte unmit-
telbar und mittelbar Sansovino in dieser Epoche eine architektonische Allein-
herrschaft über Venedig aus.
Einer neuen Richtung gab der gewaltige, als Maler und Bildhauer
gleich bedeutende lllicizel Angela Bzaozzarroti (1474 --l 563) den Ausschlag.
Er bezeichnet den Punkt in der geschichtlichen Entwicklung , wo der ge-
waltsame Drang eines hochbegabten Individuums sich über die strengen
Gesetze architektonischen Schaffens kühn hinwegsetzt und in willkürlich
machtvoller IrVeise seiner Subjectivität zum Ausdruck verhilft. Er compo-
nirt nur im Ganzen und Grossen, mit vorwiegender Rücksicht auf die male-'
rische Wirkung, auf den Wechsel der Flächen und Einzelglieder, des
Schattens und Lichtes; die Bildung des Details vernachlässigt er darüber
bis zur Verwilderung, und für die Composition gibt er bisweilen einer Laune
nach, die in capriciösem Gegensatz gegen Ruhe und Harmonie der Anlage
sich befindet. Seine ersten, minder bedeutenden Bauten gehören Florenz
an. Dahin zählt die 1514 entworfene Fagade für S. Lorenzo, die indess
Entwurf geblieben' ist; er suchte hier die Vermittlung der beiden Geschosse,
allerdings mehr bildnerisch als streng architektonisch , durch Statuen zu
bewirken. In S. Lorenzo erbaute er sodann 1529 die Grab kapelle der
M e di c e er , für die er die berühmten Grabmäler mit den herrlichen Statuen
111858861118. Zu Rom sind, wie wir sahen, die grossartigen Pfeilerhallen
des Hofes im Pal. Farnese, so wie das imposante Kranzgesims der Facade
Sein Werk- Die malerisch hochbedeutsame Anlage des Capitols sammt
den angrenzenden Bauten beruht ebenfalls auf seinen Plänen. In launen-
hafter Willkür ist die aus seiner spätesten Lebenszeit datirende Porta Pia
behandelt, ein Denkmal der Verirrung eines hohen Geistes. Seine vor-
züglichste architektonische Thätigkeit nahm der Neubau der Peter skirc h e
(Fig. 435 u. 4-36) in Anspruch de). Schon im JflöOß hatte Branumte den
Bau begonnen, der als griechisches Kreuz mit abgerundeten Querarmen
und Chor angelegt war. Raphael, der darauf den Bau fortführte, hatte die
Absicht, abweichend von dem ursprünglichen Entwurf einen Langhausbau
Oustagufi:
ura rlella
Architett
basilica di S. Pietro in Vaticano.
Ima 115554.