Volltext: Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart ; mit 448 Holzschnitt-Ill.

Zweites Kapitel. 
Renaissance in Italien. 
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Bekrönung bildete eine Laterne, die Gliederung des Tambours wurde durch 
Pilasterstellungen bewirkt. Aehnlich decorirte man die übrigen Flächen 
des Aeusseren, manchmal in einfach-edler, doch lebendiger Weise. Wo 
indess der innere Raum und die durch ihn bedingte Gestalt des Aufbaues 
in unlöslichen Conilict mit den antiken Decorationsmitteln trat, das war 
die Fac ade. Um sie bedeutsam , ihrem Wesen entsprechend zu gliedern, 
hatte man nur Pilaster- oder Säulenstellungen zu verwenden. Manchmal 
brachte man diese in zwei Geschossen über einander an, in einiger Ueber- 
einstimmung mit dem zweistöckigen Inneren. Allerdings wusste man den 
Uebergang vom unteren zu dem schmaleren oberen Geschoss meistens 
nicht anders zu bewirken, als durch jenes willkürliche Glied mächtiger, 
volutenartig geschwungener Mauerstücke, die ein unschönes Decorations- 
werk sind. Häufig aber setzte man eine in's Kolossale ausgedehnte Säulen- 
stellung vor die Fagade, mit deren Dimensionen die kleinen Fenster und 
Portale  Pygmäen, die sich ängstlich zwischen Riesenleibern zusammen- 
drücken  unverkennbar in Missverhältniss stehen. Auf das vorgekröpfte 
Gebälk der Säulenordnung wird sodann eine Attika gestellt. In grellem 
Widerspruch mit dem erstrebten monumentalen Charakter befinden sich 
endlich auch die Fenster. Man bildet sie nach Analogie der Profanbauten 
meist viereckig, mit einem antikisirenden Rahmenproül, oft von einem drei- 
eckigen oder runden Giebel bekrönt, der dann wohl auf Pilastern oder 
Säulen ruht. Selbst wenn man, was selten geschieht, ihnen einen Bogen- 
schluss gibt, fehlt diese Einfassung nicht. Diese Gestalt ist aber offenbar 
zu sehr auf die kleinen Dimensionen und geringeren Stockwerkshöhen der I 
Privatarchitektur berechnet, um nicht an mächtigen monumentalen Bauten 
in hohem Grade kleinlich zu wirken. Es war dies der Punkt, wo die antike 
Architektur die Baumeister im Stich liess und ihre Unzulänglichkeit für 
die kirchliche Baukunst offen declarirte.  
Innerhalb dieser Epocheder Hochrenaissance lässt sich etwa seit 1540 Uniäixderung- 
eine Umwandlung des Baugeistes bemerken, welche mit allmählichen Ueber- Sa" 1540" 
gängen zu dem späteren Barockstyl hinleitet. Dasselbe Bestreben nach 
strenger Reinheit der Formen herrscht auch jetzt noch, nur ist ein etwas 
kühlerer Hauch von Reflexion und Berechnung in die Zeit gekommen. 
Man traut nicht mehr dem Vermögen, bei mässiger Decoration durch Ver- 
hältnisse und Disposition allein zu wirken; man sucht vielmehr den Aus-  
druck, den man beabsichtigt, durch schärferes Betonen des Einzelnen zu 
erreichen; die Halbsäule und mit ihr ein viel kräftiger vortretendes Detail 
verdrängt den früher vorherrschenden Pilaster, und besonders die Innen- 
räume werden mit Decoration auf's Reichste bekleidet. Doch ist die Wir- 
kung minder warm und begeisternd als in der früheren Zeit, und das Detail 
gibt bei aller Reinheit und Strenge einen gewissen erkältenden Eindruck. 
Den Reigen führt in dieser Zeit nicht mehr die florentinische, sondern lliillllscllß 
die römische Schule, die unter der Herrschaft kunstliebender Päpste bchlllc" 
an grossartigen Aufgaben aller Art sich auf den Gipfel dessen schwang, 
was die moderne Architektur hervorzubringen fähig war, und deren Wirken  
durch die gleichzeitige höchste Biüthe der Malerei unter Raphael und Michel  
Angelo begleitet und gehoben wurde.  j 
An der Spitze der Meister dieser Epoche steht der grosse Bramantc ljfalnlmltv. 
(Donato Lazzari) aus Urbino, geboren im Todesjahre Brwtcllescds, 144-1,
	        
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