Drittes Kapitel.
Gothischer Styl.
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teren Eindruck hinterlassen, als selbst die prächtigsten Kirchen dieses Sty-
les. Denn gerade was bei diesen sich mit der Tendenz des gothischen
Systems nicht vereinigen liess, Weiträumigkeit und Verwalten der Hori-
zontalen, das liegt bei der Profanarchitektur in den Grundbedingungen nicht
blos als erlaubt, sondern als nothwendig enthalten. Die Florentini s chen
Gebäude dieser Art zeichnen sich durch einen fast düsteren Ernst, kriege-
rischen Trotz und imposante Massenwirkung aus. Man sieht es Palästen,
wie dem Palaz zo vecchio und anderen, die mit ihren riesigen Mauer- PM- verdril-
Hächen , den kleinen Fenstern , dem drohenden Zinnenkranze wie eine-be- z" Flnrmw"
festigte Burg mitten in der Stadt sich erheben, deutlich an, dass ein edles
Geschlecht kriegerischer Fürsten mit seinen Vasallen und Dienstleuten in
stürmischen Zeiten darin gehaust. In Venedig dagegen zeugen die heiter
Palast Cix
'n zu Vcnc
geschmückten, mit offenen Säulenlogen und zierlich durchbrochenem R0-
settenmasswerk zwischen phantastisch nach orientalischer Art geschweiften
Bögen sich mehr öffnenden als verschliessenden Facaden ein Geschlecht
fürstengleicher Kanfherren , die was ihre Gallionen aus dem fernen Orient
an Kostbarkeiten herbeigebracht, was an Reichthum und Machtfülle ihnep
aus dem Handel und der Meerherrschaft zuströmte, in behaglicher Lebens-
lust geniessen wollten. So die prächtig-zierliche Cäi doro (Fig. 419) und Cädoro.
manche ähnliche; so auch, wenngleich strenger, mehr feierlich als festlich,
der 1) Qgenp alast, um die Mitte des 14. Jahrh. von Filijzpo Calendario Dogcnpalasi
erbaut. Endlich geben einige offene Hallen von grossartiger Anlage, be-
sonders die Loggia de" Lanzi zu Florenz, 1376 von Orcagna begonnen,
und die Mercanzia zu Bologna, ebenfalls aus dem 14. Jahrh. herrüh-