Drittes Kapitel.
Gothischer Styl.
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errichtet. Weite, hallenartige Perspective, schlanke, kühn aufsteigende
Pfeiler, aus denen ohne Kapitäl die vielfach verschlungenen Rippen der
Netzgewölbe sich verbreiten, besonders der Polygonscliluss der drei Schiffe,
geben eine grossartige Wirkung. Vereinzelte Beispiele dieser Kirchen-
anlage finden sich auch im südlichen Deutschland. S0 die Fr auenkirche Frauenkirche
zu München, von 1468 bis 1488 aufgeführt (vgl. Fig. 401). Elf Paar "Münch"
schlanke, achteckige Pfeiler, die sich ohne Kapitäl in die Rippen der reich
Fig. 401.
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Franenkircfxe zu München.
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ausgebildeten Sterngewölbe verzweigen, trennen von dem hohen Mittelschiff
die Abseiten, die als Umgang um den Chor sich fortsetzen. Durch Hinein-
ziehen der Strebepfeiler sind zwei Reihen von schmalen Kapellen entstanden,
die den ganzen Bau umziehen. Die Verhältnisse des Inneren sind hoch, frei,
imponirend. Zwei gewaltige viereckige Thürme von 335 Fuss Höhe, die
statt der Spitze unpassende runde Hauben haben , schmücken die B'agade.
Verwandter Art ist die M artin s kirch e zu L andshut , im J. 147 3 Martinsk. zu
vollendet, gleich der vorigen in Backsteinen errichtet, also dem im nord- Landshut
östlichen Deutschland herrschenden System folgend. Sie hat einen massen-
haft behandelten, aber schlank verjüngten Thurm von 448 Fuss Höhe.
Im
norddeutschen
Tieflande.
An den beiden letztgenannten süddeutschen Kirchen begegneten wir
schon jener Bauweise, die sich unter der Herrschaft des Backsteinmaterials
im nordöstlichen Deutschland ausgebildet hat. Wir finden sie_in den Küsten-
ländern Preussen, Pommern und Mecklenburg, in den brandenburgischen
Marken, westlich selbst bis nach Hannover hin herrscheyui In diesem
Gegenden, deren Städte durch den Bund der Hanse mächtig und voll Selbst-
gefühl dastanden, regte sich derselbe Sinn wie in den übrigen Ländern, die
den gothischen Styl mit Begeisterung ergriffen; nur zwang das verschiedene
Material ihm bei seiner architektonischen Ausprägung manche, Aenderun-
gen auf.
Diese betrafen indess weniger die Grundform als vielmehr die Durch-
führung im Einzelnen, die Umgestaltung der Glieder. Der Grundriss der
Kirchen formt sich theils nach dem Vorbilde des westlichen Kathedralen-
styls mit niedrigen Seitenschiffen , oft mit Chorumgang und Kapellenkranz,
theils, und zwar überwiegend, nach dem schlichteren Schema der Hallen-
kirche. Wie aber auch der Grundriss angelegt sei, er empfängt durch eine
Backstein-
material.
Anlage des
Inneren.