Volltext: Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart ; mit 448 Holzschnitt-Ill.

Drittes Kapitel. 
Gothischer Styl. 
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Fenster zum Theil schon mit blos decorativem Masswerk von ungemein 
brillanter Ausbildung versehen. Die Choranlage zeigt eine originelle Ver- 
einfachung des französischen Systems, wie sie auch in verwandter Weise 
in Xanten sich findet. Von höchst malerischer Wirkung sind aber die Ka- 
pellenreihen am Langhause, welche sich mit Säulchen gegen die Seiten- 
schiffe öffnen und gleich diesen durch breite, glänzend entwickelte Fenster 
ein durch Glasgemälde harmonisch gedämpftes Licht erhalten. Ungewöhn- 
licher Weise erhebt sich auf der Vierung ein kräftiger achteckiger Thurm, 
während zwei noch romanische Thürme sich an die Westseite schliessen,  
und mit einem erst 1439 geweihten Westchor in Verbindung stehen. Die 
südliche Seite des Schiffes ist als Schauseite behandelt und in ganzer Aus- 
dehnung mit prachtvollem Masswerk bedeckt. Die Höhenverhältnisse des 
Baues sind massig, namentlich das Mittelschiff bei 60 Fuss Scheitelhöhe 
nur wenig über die 40 Fuss hohen Seitenschiife emporgeführt.  Schwer- bliinstcr zu 
fällig erscheint der Styl noch im Mittelschiff des Münsters zu Freiburg hmbl"'g' 
im Breisgau l] , das im Laufe des 13. Jahrh. sich dem romanischen Quer- 
schiff (vgl. Fig 247) anschloss. Die Pfeiler sind massig (vgl. Fig. 378), 
ohne lebensvolle Gliederung, die Mauerfiächen der oberen Theile nicht 
glücklich entwickelt, und durch den Mangel des Triforiums etwas leer und 
lastend. Das Mittelschiff erhebt sich 84 Fuss hoch, gerade auf das Doppelte 
der 42 Fuss hohen Seitenschiffe, die mit ihrer Breite von 26 Fuss dem nur 
33 Fuss weiten Mittelschiff nahe kommen. Auf der Vierung erhebt sich 
98 Fuss hoch eine Kuppel. Die innere Länge der Kirche beträgt 340 , die 
Breite des Langhauses 90 Fuss. Der Westthurm, etwa um 1300 errichtet, 
hat in seinem Unterbau ebenfalls etwas Massenhaftes, Schwerfälliges (vgl. 
Fig. 330 auf S. 405); aber die durchbrochene Pyramide, deren Kreuzblume 
385 Fuss über dem Boden schwebt, überbietet an Adel der Formen, 
Schlankheit und Kühnheit alle anderen zur Ausführung gekommenen gothi-  
schen Thurmhelme , und wird an feiner organischer Entwicklung aus dem 
Unterbau nur von den Rissen der Kölner Domthürme übertroffen. Der lange 
Chor mit Umgang und Kapellenkranz ist ein späterer Zusatz, 1354 begon- 
nen, hauptsächlich aber erst im 15. Jahrh. ausgeführt und 1513 geweiht;  
das Abweichende, Ungewöhnliche seiner Grundrissbildung verräth deutlich 
die jüngere Zeit.  Das Münstergzu Strassburg (Fig. 379) i), dessen Münster zu 
Schiff, im J. 1275 vollendet, ebenfalls schwere, wenn auch edler entwickelte Scrassburg" 
Verhältnisse zeigt, schliesst sich einem mit Krypta und kurzem apsiden- 
artigen Chor versehenen romanischen Bau an, dessen weites Kreuzschiff 
jederseits mit vier Kreuzgewölben auf mittleren Pfeilern bedeckt ist, und 
in der Mitte eine Kuppel von 132 Fuss Höhe hat. Das Langhaus hat gleich 
dem Freiburger Münster besonders breite Verhältnisse: das Mittelschiff 
misst 52 Fuss Breite bei 96 Fuss Höhe, und die Seitenschiffe sind 30 Fuss 
breit. An der Oberwand tritt das Triforium, das in Freiburg noch fehlte. 
in unmittelbarer Verbindung mit den Fenstern auf. Am meisten berühmt 
ist der grossartige Bau durch seine von Meister Erwin von Steinbaclz. im 
J. 1277 begonnene Facade. Sie verbindet gleichsam die französischetund 
deutsche Facadenbildung, indem sie das grosse 42 Fuss breite Rosenfenster, 
Dr 
ää .1[oller's Denkmäler. 
Das Münster zu Strassbu f 
H. Schreiber. F01. Carlsruheräädaäyäilg-Ümen von A' 
b. 
Text herausgegeben von 
von Baier , mit
	        
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