Drittes Kapitel. Gothischer Styl.
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Das Mittelschiff hat hier nur 35 Fuss Breite. das ganze Langhaus 76 Fuss,
die innere Gesammtlänge beläuft sich auf 400 Fuss. Ungefähr dieselbe Kirchen von
Stylentwicklung zeigt der von 1235 bis 1252 erbaute Chor der Kathedrale
von Ely, deren Langhaus und Kreuzarme noch der romanischen Epoche 1213-,
angehören, seit 1322 aber auf ihrer Durchschneidung ein mächtiges Octagon
von 65 Fuss Durchmesser erhielten, das mit seinem oberen Laternenaufsatz
eine prächtige Lichtwirkung gibt. Die innere Länge der Kirche beträgt
ohne die grosse Thurmhalle 420 die Breite 78 Fuss. Noch weiter
durchgebildet ist der Styl im Schiff und Querhause der Kathedrale von
Lich f icld, von deren prächtigem Aeusseren wir unter Fig. 359 eine Dar- Lichüeld.
stellung gaben. Hier sind die Triforien in edelster Weise entwickelt, die
Dienste der einfachen Steingewölbe steigen vom Boden auf. die Oberfenster
des Schiffes sind ungewöhnlicher Weise aus drei Kreissegmenten gebildet.
Ungemein prachtvoll entfaltet sich die Facade mit drei Portalen, reichen
Statuengalerien und brillantem sechstheiligem Mittelfenster und zwei schlank
aufsteigenden Thürmen, die aber das Breite, Schwerfällige der Anlage nicht
vermindern. Das Langhaus ist 66, das Mittelschiff sogar nur 29 Fuss breit,
die Länge des ganzen Baues dabei 372 Fuss, also fast das Sechsfache der
Breite. Der sehr elegante Chor mit seiner aus dem Achteck geschlossenen
Lady Chapel ist ein Werk des 14. Jahrh. In vieler Hinsicht abweichend
von dem nunmehr schon ausgeprägten englischen Typus, weit mehr der
französischen Kathedralenanlage sich anschliessend ist die grossartige
YVestminster-Abteikirqhe zu London angelegt. Um 1245 be- KVcstminster,
gonneif, wurde der Chor schon 1269 geweiht, und das Uebrige in ziemlich
ununterbrochener Bauführung, mit Ausnahme des erst um 1700 vollendeten
Oberbaues der Thürme, hinzugefügt. Hier tritt in dem polygonen Chor-
schluss mit Umgang und fünf radianten Kapellen, deren mittlere später
durch die Kapelle Heinrichs VII. verdrängt wurde, in dem dreischiffigen
Querhause, in dem ausgebildeten Strebesystem mit doppelten Bögen, in der
zuerst in England auftretenden Masswerkgliederung der Fenster das fran-
zösische System unverkennbar auf. Auch die Höhe des Schiffes, die bei
einer Gesammtlänge von 490 Fuss sich auf 101 Fuss erhebt, übersteigt das
in englischen Bauten herkömmliche Maass. In prachtvoller Ausstattung
mit ungemein reich entwickelter Fensteranlage und brillanter, statuenge-
schmückter Facade gestaltet sich der eigentlich englische Typus sodann an
der von 1280 bis 1370 erbauten Kathedrale von Exeter, Hier fällt die Exem,
Anlage zweier mächtiger T_hürme auf den beiden Kreuzarmen, welche Reste
eines früheren Baues zeigen, als abweichend auf. Zu edelsten mal-Star
Durchbildung entfaltet sich dieser Styl im Schiff der Kathedrale von York, x-Ork,
von 1291 bis 1330 erbaut; der Chor (1361 bis 1405) zeigt den reicheren,
aber innerlich nüchternen Styl der späteren Zeit, der an der höchst brinan-
ten, im J. 1402 vollendeten Fagßßde (Fig. 3651 noch entschiedener sich
ausprägt. Die Dimensionen gehören hier zu den bedeutendsten; die äussere
Länge beträgt 518 , die innere 486 Fuss; dabei misst das Mittelschiff die
ungewöhnliche Weite VOII 59, das Lallghaus im Ganzen 108 Fuss, und
selbst das 220 Fuss lange Querhaus hat eine dreischifiige Anlage von
96 Fuss Weite. Auch die in Ruinen liegende Abteikirche von Melrose nahem
(vgl. Fig. 361 u. 366) gehört in diese spätere Zeit. Die üppige decorative
Blüthe des spätgothischen Styles entfaltet sich vorzüglich in kleineren, den