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Fünftes Buch.
manche besonderen , gemischten Eigenthümlichkeiten zeigen. Anknüpfend
andie antike Bautradition , tritt der romanische Styl des südlichen Frank-
reich schon in der Frühzeit des 11._Jahrh. in klar ausgesprochener Origi-
nalität auf, entwickelt sich sodann auchin den nördlichen Gegenden seit
der Mitte jenes Jahrhunderts zu bedeutsamerer Gestalt, und wird schon
gegen Ende des 12. J ahrh. , ohne sich lange mit densogenannten Ueber-
gangsformen aufzuhalten, durch ein ganz verschiedenes Bausystem, das
gothische, verdrängt. Wir betrachten zunächst die Bauten
im
südlichen
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Provmmali- Hier, besonders in den gesegneten 'l'h_eilen, die an das Mittelmeer grenzen
sehe 3mm" und in grauer Vorzeit schon die Griechen zur Gründung von Colonien
angelockt; hatten, wo" noch jetztjdie grosszirtigen Trümmer der Römerwerke
zu Nismes, Arles und an anderen Orten d1e Blüthezeit römischer Oultur
in's Gedachtniss rufen, entstand unter dem Einfluss des milden Klimas
und der antiken Bautradition ein romanischer Styl, der, wie Schnaase be-
merkt, die Antike strenger befolgt als selbst die italienische Architektur.
Am meisten charakteristisch ist für diese
r .274.
g , Bauten, dass sie fast niemals die gerade Holz-
decke, aber auch eben so wenig das Kreuz-
H gewölbe, sondern meistens, offenbar in Nach-
{X ahmung römischerBauten, dasTonnengewölbe
i l i ist?"
urc em r ,
Ä f. SeitenschiiT dagegen durch ein" halblrtes.
11 ' welches als Strebe sich an die mittlere YVöl-
l" bung anlehnt. Dadurch wird dem Mittelschiff
L m] die selbständige Beleuchtung entzogen; es
; T erhält sein Licht durch die Fenster der Sei-
ü v4" wie. tenschilfe, der Apsis und der Kreuzarme,
1- i; bleibt aber doch in seinen oberen Theilen
w!" ziemlich dunkel, was für die nach Schatten
n. lu "i und Kühlung strebenden Bewohner des Südens
A1 l: erwünscht sein musste. Manchmal wird auch
F" das mittlere lbnnengewölbe aus zwei Kreis-
i. segmenten gebildet, so dass eine Art von
Notre Dame du Port zu Clexmrmt. sch-Werel. Spitzbogenform entsteht Der Chor
hat gewöhnlich neben seiner Hauptapsis noch mehrere kleinere Apsiden;
die Scheidbögen der Schiffe ruhen regelmässig auf kräftigen Pfeilern, Svie
es die starken Mauern und Gewölbe verlangten. Die Thürme sind näädrlg
und sehwerfällig, theils neben dem Chor, theils an der Fagade angeor net;
bisweilen erhebt sich auf der Kreuzung ein breiter viereckigenThurIn- Das
Aeussere 1st gleich dem Inneren übrigens einfach, kahl, wenig gßglledefil
nur an Portalen, überhaupt an den Facaden, findet SlCll ein reicher Plastl-
scher Schmuck, der in grosser Eleganz und Feinheit den antiken Werken
nachgebildet ist. Canellirte Säulen und Pilaster mit zierlich gearbeiteten
korinthischen Kapitälen, Gebälk mit reichem plastischen Fries, Zähn-
schnitte , Eierstäbe und Mäander sind. mit Verständniss und Geschick an-
gewandt und behande t.