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inftes Buch.
würdigen Abschluss erhält. Die folgende Abbildungl) Fig. 246 lässt die
strenge, aber consequente Anlage einer Ueberwölbung in allen charakteristi-
schen Einzelheiten erkennen, zeigt bei spitzbogigen Arkaden noch halb-
kreisförmige T riforienöffhungen und ebenfalls rundbogige Fenster, paarweise
in jeder Schildwand angeordnet. Die Gewölbe sind erst nach dem Erdbeben
vom J. 1356 in gothischer Constructionsweise erneuertf Eine reiche, aber
noch ungemein strenge Ornamentation verbindet sich mit dem architektoni-
schen Gliederbau. Mit noch grösserem Glanz tritt dieselbe an den Sculptu-
ren, Friesen und Kapitälen des Kreuzganges beini Grossen Münster zu
Zürich hervor. Von verwandtem Stylgefühl zeugt die Liebfrauen-
k ir che zu Neufchittel , ein eleganter Bau mit entwickelten Pfeilern und
Rippengewölben , schwach angedeutetem Querschifi und drei östlichen
Apsiden. Auch das Querschiff des Münsters zu Freib u rg im Breisgau
gehört hierher. Unsere Abbildung (Fig. 247) gewährt einen Blick in die
Tiefe desselben und lässt die rundbogigen Fenster, die reiche Form der
Rose im Giebelfelde, die gegliederten Pfeiler und die breiten Gurte der
Gewölbe erkennen.
In den österreichischen Läridernß),
mit Ausnahme der italienischen Provinzen, welche ihre eigene Kunstweisc
entwickeln und in der Uebersicht denn auch zu Italien gehören, stehen alle
Gebietstheile unter dem Einfluss deutscher Kunstübung, und selbst auf
Slaven , Romanen und Ungarn erstreckt sich die Herrschaft des deutsch-
romanischen Styles. Doch scheint keine feste Schultradition sich_ hierher
fortgepflanzt, sondern nur in sporadischer Weise von verschiedenen Punkten
eine Einwirkung stattgefunden zu haben. Wir finden in der reichlich ge-
pflegten, vorwiegend phantastischen Ornamentation denselben Grundzug,
den wir in den Schulen des südwestlichen Deutschlands und der Schweiz
angetroffen hatten, aber wir werden zugleich gelegentlich durch auffallende
Anklänge an sächsische Bauten überrascht; daneben mischt sich in den
südlichen Gegenden mancher Einfluss der lombardischen Bauweise, beson-
ders in der Anla e und Ausbildun der-Portale, ein. Bei der Planform zei t
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sich wieder darin etwas Gemeinsames mit süddeutschen Anlagen, dass das
Kreuzschiif häufig fortgelassen wird und die drei Schiffe ziemlich in gleicher-
Llnle mit drei A siden schliessen. Damit fällt denn auch eine reichere
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lhurmentfaltung fort, und nur in einer alten Abbildung der ehemaligen
Domkirche zu Salzburg erkennen wir ein östliches Kreuzschiff mit zivei
läeppenthürmen an den Giebelseiten und einem achteckigen Kuppeltliurm
auf (19? Vlerung, daneben dann .die beiden Westthürme. Mit letzteren
müssen SlCh Sügar die bedeutenderen Kirchen in der Regel begnügen. Eine
llöheYß- Entwlßklllng der Architektur scheint überhaupt erst seit 11 50 be-
1) Beide Abbildungen verdanke ich der Güte meines Freundes, des Ilerrn Ch. R-iygelzflrlßlß in 36891.,
des NViederlierstellei-s der alten Münsterkirche, welcher eine auf sorgfältigste Studien und grilmuicllv
Aufnahmen gestützte Monographie über den wichtigen Bau vorbereitet.
2) E. Fürsf Lflihtlüw-Ykll." Denkmäler der Baukunst und Bildnerei des Mittelalters in Oesterrcieli.
1817. Ernst und Oeaclaer: Baudenkmale des Mittelalters im Erzherzoigthuni Oesterreich- 15-16.
Auf diese beiden unvollendet gebliebenen XVerke ist erst in neuester Zeit eine Reihe von Publicationen
gefolgt, hauptsächlich durch die Thäliäkeit der k. k. Centralcommission für Erforschung und li:l'llllltlll1g'
der Denkmäler hervorgerufen, in denen eine umfassendere Durchforschung der österreichischen Denk-
inäler angestrebt wird. Es sind die Mittheilungen der k. k. Ccntralcommission etc., rctllfglli W11 K. Weiss-
(Jahrg. 1856 u. 1857), und das Jahrbuch der k. k. Centralcommission für 1856 u. 1601 1 letzteres von
G,Hßidß1' redigirt. Daran seliliesstsich das Prachtwerk: Mittelalterliche Kunstdeiiknnile des (österr.
Kaiserstaates, herausgeg. von G. Heuler, R. Eitelbergycr und J. Ifietnrr. Stuttgart lSolr. 4. I. Bd.