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Fünftes
Pfeiler und kräftige Arkaden ebenfalls im Spitzbogen, während die Fenster
noch den Rundbogcn zeigen, bedingen die hervorragende Stellung dieses
Bauwerkes. Zwei Thürme schliessen den östlichen, und ebenso viele den
westlichen Chor ein. Die Chöre selbst stammen aus gothischer Epoche,
der westliche aus den Jahren 1249-1272, der östliche aus dem vierzehn-
ten Jahrhundert. Die höchste Spitze der Entwicklung bezeichnet endlich
1531333023 der D 0m zu Bam berg , eine der vollencletsten Schöpfungen der gesamm-
" ten mittelalterlichen Epoche, dessen Grundriss wir auf S. 284 gaben. Auch
hier herrscht an Portalen und Fenstern noch der Rundbogen, wenngleich
in reichster Ausbildung, indess die Rippengewölbe des Inneren spitzbogig
auf ungemein schön entwickelten Pfeilern durchgeführt sind. Den gross-
artigen Verhältnissen entspricht die harmonische Durchführung, die glän-
zende Ausstattung. Ueber die Anlage der doppelten Chöre sprachen wir
schon; seltsam ist indess, dass, wie auch an S. Jakob zu Bamberg, das
Querschiff im Westen liegt iund die Haupteingange östlich angebracht sind,
eine Concession, die wohl durch die Lage der Stadt hervorgerufen wurde.
Um die reiche Ausbildung des Aeusseren zu veranschaulichen, geben wir
unter Fig. 224 eine Ansicht von der Ostseite, die denpolygonen Chor mit
seiner brillanten Fensterarchitektur und Saulengalerie, die stattliche Thurm-
anlage mit den Portalen zeigt. Die westlichen 'l'hürme stammen aus etwas
späterer Zeit.
Clmäßlifßrdßr In den Rheinlandenli")
rheinischen
Wrrlw- tritt uns wieder eine in hohem Grade selbständige und bedeutende Gestal-
tung der romanischen Architektur entgegen. Hier war es die glückliche
Lage, der länderverbindende Strom, welcher städtische Blüthe und Reich-
thum früh entfaltete und zur Regsamkeit des Handels und Wandels an-
trieb, kurz die Gesammtheit günstiger Naturbedingungen, denen ein wich-
tiger Einfluss auf die Ausbildung der Bauthätigkeit zuzuschreiben ist. In
der früheren Zeit machen sich die Reminiscenzen antiker Baukunst, die
durch zahlreiche Römerwerke lebendig erhalten wurden, überwiegend be-
merkbar. Der sogenannte Karnies, das Consolengesims, die korinthisiren-
den Kapitälforinen gehören dahin, während die beliebte Anwendung ver-
schiedenfarbigen Materials , die dem Mauerwerke einen angenehmen Wech-
I sel verleiht, an altchristliche Elemente erinnert. Doch bald schon macht
sich auch hier germanische Gefühlsweise Luft und spricht sich in den
Würfelkapitälen und der Umgestaltung des Grundrisses vernehmlich aus.
In letzterer Beziehung zeigen die rheinischen Bauwerke eine Mannichfaltig-
keit, einen Reichthum an Compositionsgedanken, dass sie hierin
unerreicht dastehen. Diese reichere Entfaltung der Planforxn beruht haupt-
sächlich auf dem Bestreben, die Kreuzanlage in bedeutsamerer Weise, VOT-
züglich durch Aufnahme der Kuppel, zu entwickeln. Mögen byzantinische
Vorbilder einen Austoss dazu gegeben haben, so war doch die Auffassung
und Durchführung dieser geistreichen Idee "durchaus eigenthümlich. Sie
stützte sich aber auf eine consequentere Anwendung des G e wölb e ba ue s.
Ü Bvi-WCTÄE! Dßllklnalß der Baukunst am Niederrhcin. F01. München 1833. G. Moller: Denk-
mäler der deutschen Baukunst. F01. Darmstadt 1821., I. und II. Bd. Gladbrwh, Fortsetzung von
ßlolleräs Denkxnäilern. Bd. III. Darmstadt. Geier und Gürz: Denkmale romanischer Baukunst an
Rhein. F01. Frankfurta. M. 19,16. Iieichhnltige Notizen, mit Detailzeichnungen in Fr. Kär-gler"; Rhein-
reise vom Jahr 1341 , in den Kl. Schrliteu und Studien zur Kunstgeschichte. Bd. II. Stuttgavt 1854.